Einfach leben – Ausgabe 12: Weiter so... oder neue Schulen braucht das Land?
Shownotes
Die zwölfte Ausgabe des Podcasts "Einfach. Leben - aus Trier für alle" widmet sich dem Thema Schule in Rheinland-Pfalz und Deutschland. Die Hosts Corinna Rüffer und Alf Keilen diskutieren mit ihren Gästen Julia Schmidt (Bildungsbüro Landkreis Trier-Saarburg), Suki Feser (Schülerin einer Integrierten Gesamtschule) und Lothar Müller (Akademischer Direktor an der Universität Trier) über die Herausforderungen und die zukünftige Entwicklung des deutschen Schulsystems.
In dieser Ausgabe beleuchten wir die Rolle der Schule als Fundament der Gesellschaft, die aktuellen Debatten um Leistungsdruck versus individuelle Förderung, die Bedeutung von Inklusion und Vielfalt sowie die Notwendigkeit einer demokratischeren und zukunftsorientierten Bildungslandschaft.
Shownotes:
- Statistischen Bundesamt: Zahlen zu Schulen und Bildung
- Statistischen Bundesamt: Anzahl der Lehrer:innen (Bundesländer)
- Statistischen Bundesamt: Anzahl der allgemeinbildenden Schulen in Deutschland im Schuljahr 2023/2024 nach Schulart
- Buch: Brockhaus (Hrg.): Praktiken professioneller Lehrpersonen
- Die Zeit: Haben Schüler zu viel Druck? (17.Juli 2025, Seite 26.)
- KMK 2021. -The Education System in the Federal Republic of Germany 2019/
- Trieriescher Volksfreund: Zu viel Stress und Druck für Schüler: Darum soll es weniger Klassenarbeiten geben. (16.08.2025)
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00:00:03: Corinna Herzlich willkommen zur zwölften Ausgabe von Einfach Leben
00:00:10: Alf in Trier
00:00:11: Corinna für alle. Für alle. Schon die zwölfte Ausgabe. Und ja, wir machen diesen Podcast seit ein paar Jahren mittlerweile. Und was wir versuchen, ist die ganz großen Themen aus der Welt, aus Europa, vom Land Rheinland Pfalz hier vom Bund auf die Kommune, auf unsere Lebensrealität hier herunterzubrechen und möglichst verständlich über Dinge zu reden, die uns alle in unserem alltäglichen Leben bewegen. Wir, das bin ich, Corinna Rüffer, Abgeordnete aus Trier, die neben mir sitzt. Ja, ich bin der Alf Keilen. Ich bin nach wie vor immer noch der Nachtwächter von Trier und passe auf, dass nachts nichts passiert. Und du hast sogar mit den Leuten, die immer aufpassen, dass nichts passiert, nämlich mit der Polizei. Gestern Abend hast du eine Führung gemacht. Das war das erste Mal, dass die Polizei nachts nicht unterwegs war mit mir. Sie waren mit mir unterwegs. Das war wunderbar.
00:01:07: Alf Gut, dass das die Verbrecher nicht wussten. Kein einziger.
00:01:10: Corinna Ah ja, so ist es. Und gegenüber sitzt Thomas Schneider, der wie immer die Technik im Blick hat und der darüber hinaus einfach auch ganz viel musikalisch unterwegs ist. Eines Tages werden wir mal einen Podcast über Musik machen und Thomas mal Featuren oder? Ich habe ihn letzten Donnerstag noch gehört. Also das war ein Gedicht in einem schon abgefuckten Schuppen, muss man schon sagen. Also in Thalfang kann ich nur jedem empfehlen, einfach mal zum Abtanzen nach Thalfang zu gehen. Darauf wären wir jetzt alle nicht gekommen, aber wir werden es bestimmt machen in Zukunft. So und heute ist Mittwoch und vor zwei Tagen hat das mit der Schule wieder angefangen in Rheinland Pfalz. Die Ferien sind vorbei. Und was uns hier aufgefallen ist, dass unheimlich viel gerade in den letzten Wochen der Ferien über Schule ja diskutiert worden ist über so bestimmte Aspekte. Also womit fing das an? Die HÜs, also Hausaufgabenüberprüfungen, die jetzt nicht mehr spontan gemacht werden sollen an rheinland pfälzischen Schulen bundesweit, habe ich die Debatte wahrgenommen über die Frage, werden inflationär viel zu gute Noten vergeben? Wie ist das mit unseren Abiturienten? Wissen wir eigentlich noch, ob die leistungsfähig sind? Und das ist so das Oberthema, das ich wahrnehme. Zwei unterschiedliche Fronten, die sich da irgendwie gebildet haben. Die einen, die sagen, wir brauchen mehr Leistungsdruck, um es vereinfacht zu sagen, Und die anderen, die sagen, wir brauchen mehr individuelle Förderung. Wir brauchen mehr Rückmeldungen im Konkreten und da helfen uns sozusagen diese ganzen Klassenarbeiten und der Notendruck und so weiter an den Schulen gar nicht weiter. Man kann ja auf jeden Fall sagen, das wird unstrittig sein insgesamt gesellschaftlich, dass Schulen das Fundamentunserer Gesellschaft bilden, ganz wichtig sind für die zukünftige Entwicklung dieser Gesellschaft. Wir wissen aber auch, dass wir diverse Herausforderungen zu bewältigen haben, über die wir in diesem Podcast auch reden werden. Was macht Schule eigentlich gut? Das ist die Frage, wie müsste Schule sich eigentlich entwickeln, damit Kinder sich da wohlfühlen, Lehrerinnen sich da wohlfühlen und für die Gesellschaft am Ende des Tages auch etwas herauskommt. Wir haben ganz wunderbare Gäste eingeladen, die sitzen, ihr könnt die leider nicht sehen, weil wir ein Podcast sind. Julia Schmidt ist da vom Bildungsbüro vom Landkreis Trier Saarburg, da sind wir ganz, ganz dankbar, Julia, dass du da bist. Suki Faeser ist da, die Schülerin einer integrierten Gesamtschule ist hier in Trier, was uns sehr interessiert, weil wir nicht nur Ich bin normalerweise im Inklusionsbereich unterwegs besonders und beschäftige mich mit den Belangen behinderter Menschen. Und der Leitspruch ist immer Wir wollen nichts über die Menschen entscheiden, wenn sie gar nicht beteiligt sind. Und deswegen finde ich es so besonders wichtig, dass hier heute auch eine Schülerin sitzt, die mit ihren eigenen Erfahrungen und ihrem eigenen Wissen sich ja einbringen kann. Und dann haben wir gegenüber sitzend Lothar Müller da, der akademischer Direktor ist an der Universität Trier und ganz vielfältig unterwegs ist im Bereich der Lehrer Innenausbildung. Und ihr werdet ja gleich alle auch noch was zu euch sagen. Und bevor wir dazu kommen, würde ich einmal Alf, dir das Wort geben, weil du hast die längste Lebenserfahrung, deine Schulzeit liegt am längsten zurück und du hast in einer Zeit die Schule besucht und deinen Schulabschluss gemacht, die besonders bedeutsam gewesen ist, meines Erachtens nach. Und erzähl uns mal, warum.
00:05:02: Alf Ja, ich bin schon etwas älter, 1954 geboren, in der Eifel und in einem sehr kleinen Ort mit nur einer zweiklassigen, hat damals noch Volksschule und nur ganz wenige Auserwählte, der Sohn des Tierarztes, die Tochter des Bürgermeisters, die gingen zum Gymnasium, alle anderen blieben an der Volksschule, haben ihre neuen Schuljahre durchgezogen und waren dann irgendwann in einem Lehrberuf tätig. Und bei mir war es so, dass nach der achten Klasse noch ein Weg offen stand in ein Aufbaugymnasium. Ich weiß gar nicht, ob es sowas heute noch gibt. Ich vermute höchst selten, wenn überhaupt. Und diese Aufbaugymnasien waren mit Internaten verbunden und da sind dann also die Nachzügler gesammelt worden. Die sind dann in ein Internat gesteckt worden. So geguckt dazu. Die sind dann in Internat gesteckt worden und haben dann in zwei Jahren drei, nein in drei Jahren sechs Gymnasialjahre verbringen müssen. Also bis zum Ende der 10. Klasse musste man pari sein mit allen anderen. Das war ein relativ großer Leistungsdruck. Ich habe dann 1974 Abitur gemacht, musste im Gegensatz zu unserem Bildungsminister in Rheinland Pfalz keine Klasse wiederholen, sondern kam auf einen Schlag durch, aber mehr schlecht als recht. Und habe danach dann nach der obligatorischen Bundeswehrzeit, die damals einfach üblich war, oder Zivildienst, also bei mir war es die Bundeswehr, dann mit dem Studium begonnen, hab dann ein Studium auch in Trier abgeschlossen, bin seit 1982 als Diplomgeograf tätig, zuerst acht Jahre angestellt und seit 1989 als selbstständiger Geograf. Das war's so. Ansonsten hatte ich außer mit meinen eigenen Kindern wenig mit der Schule zu tun, aber das war schon schlimm genug.
00:07:06: Corinna Das sagen Sie alle. Das sagen alle, mit denen man redet, das schlimm genug ist, aus der Position heraus, was mit Schule zu tun zu haben. Soki, magst du uns mal ein bisschen was von dir und deinen Schulerfahrungen erzählen? Du bist die Jüngste am Tisch. Vielleicht können wir von da ausgehend ein bisschen vergleichen, wie deine Erfahrung ist im Vergleich zu der von
00:07:33: Suki Ja, also ich. Bin an einer Gesamtschule. Das war auch eine bewusste Entscheidung von mir, da ich davor an einem Gymnasium war. Das bin ich zwar in gewisser Hinsicht klargekommen, aber es war halt einfach mir zu ich weiß nicht, wie man das nennt, aber zu so strukturiert, weil es war mir zu Die Leute waren alle sehr ähnlich und ich mag lieber ein Umfeld, wo viele verschiedene Menschen sind, um auch viele verschiedene Leute kennenzulernen, ob die jetzt aus irgendwelchen Flüchtlingsgebieten oder so kommen oder halt auch aus Deutschland. Also mir ist es eigentlich egal, woher die Leute kommen, aber ich lerne gerne verschiedene Menschen kennen und das hat mir sehr gut gefallen bei mir jetzt an der Schule, wo ich bin und deswegen macht mir das auch sehr viel Spaß, da Leute kennenzulernen und mit denen zu arbeiten. Und hast du den Eindruck, weil im Allgemeinen wird ja gesagt, wenn man eher so homogene Lerngruppen hat, also Leute, die sich irgendwie ähneln, dass man dann auch mehr lernt? Also eigentlich nicht wirklich, weil ich finde, es gibt dann so verschiedene Arten. Also manche Leute lernen lieber auf solche Arten und manche Leute lernen lieber auf solche Arten. Aber selbst wenn man Gruppenarbeiten oder so macht mit anderen Leuten, die einem jetzt vielleicht nicht so ähneln, finde ich jetzt nicht, dass man da schlechter arbeitet oder so. Also ich finde es eher cool, weil dann so verschiedene Meinungen eingebracht werden können, auch weil jeder so ein anderes Bild hat.
00:09:17: Corinna War das bei dir so früher, Alf, am Gymnasium, dass die Leute sich ähnlich waren?
00:09:22: Alf Ja, am Aufbaugymnasium. Am Aufbaugymnasium haben wir auch etwas Inklusives erlebt, denn wir haben Kinder aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten. Also die soziale Schichtung war in einem Raum. Das Gymnasium war in Daun in der Eifel. Da waren also Kinder vom Hunsrück, vom Westerwald, von der Eifel,vom Rhein, von überall her. Und die kamen in der Regel aus relativ einfachen Verhältnissen und um. Ohne Internatsbegleitung wäre ein vernünftiges Lernen. Bei den Strukturen, die in den Elternhäusern waren, das waren Bauernkinder, das waren also kleine Handwerker oder Arbeiterkinder, wäre das gar nicht möglich gewesen. Das war also die einzige Form, die einzige
00:10:07: Corinna Möglichkeit zusammenzukommen. Aber wir waren sehr unterschiedlich, nicht nur deswegen, wir haben 100 verschiedene Dialekte gesprochen, wir haben alle Dialekt gesprochen, jeder hat seinen eigenen Dialekt gehabt. Es war immer sehr schwierig einzusortieren, wo die Einzelnen herkamen. Zum Schluss wusste ich das bei jedem. Zum Schluss weiß man bei jedem, wo kommt der L dann her? Das war trierisch.
00:10:29: Lothar auf den Quadratmeter.
00:10:30: Alf Genau, ja. Also es war schon sehr viel anders. Also wir hatten waren keine People of Color dabei, es war reines Jungeninternat, keine Mädchen dabei. Also von daher waren wir schon relativ begrenzt in unserem Blickwinkel. Aber der eine kam neben, der andere kam aus Kell und der dritte kam aus Bad Bitburg. Also nach meinem Eindruck oder nach dem, was ich gelesen habe oder so, war das ja so ein bisschen die sozialdemokratische Zeit, wo man versucht hat, Kindern und Jugendlichen, die aus dem ländlichen Raum gekommen sind, die Möglichkeit zu geben höhere Schulabschlüsse und nachher auch Bildungsabschlüsse, Berufsabschlüsse zu machen. Und die Frage, die sich ja heute stellt, ist diese Erfolgsgeschichte bis heute durchgeschrieben worden?
00:11:27: Corinna Hat sich da seitdem etwas positiv entwickelt? Und jetzt gucke ich natürlich Lothar an.
00:11:33: Lothar Also es hat sich auf jeden Fall etwas positiv entwickelt, aber wir können ja gleich ein bisschen ausführlicher darüber reden, wo die Defizite nach wie vor sind, denn wir können überhaupt nicht zufrieden mit der Entwicklung. Seinem Gegenteil, würde ich sagen. Aber wir haben eben gesagt, ich stelle mich auch ein bisschen vor, weil der Alf gerade ein bisschen was von seiner Schulbiografie erzählt hat. Ich komme aus Nordrhein Westfalen, aus der Gegend von Bonn und das ist ein Vorort, Hennef heißt der. Da bin ich in den 70Ern und 80Ern zur Schule gegangen. Meine Mutter war Grundschullehrerin, mein Vater war kaufmännischer Angestellter mit Hauptschulabschluss. Also überlasse euch einzuschätzen, ob das eine bildungsnahe oder eine bildungsferne Sozialisation war. Jedenfalls war für mich das ganz anders, als was du jetzt gerade eben erzählt hast. Es war von vornherein sehr klar, dass man aufs Gymnasium zu gehen habe. Es war eine CDU-geprägte Zeit und konservativ. Geprägt. Und um vielleicht mal gleich was in den Raum hier reinzuwerfen, was mit Sicherheit diskutabel war. Diejenigen, die auf die Hauptschule mussten, ich sage bewusst mussten, waren damals schon sozial geächtet und man wollte mit denen nichts zu tun haben. Zum Glück habe ich mich gegensozialisiert. Ich bin seit 1987 in Trier, hab das Studium hier begonnen. Ich habe mir Trier übrigens ausgesucht, weil es richtig klasse stattfand. Fast alle anderen sind hier verschickt worden über NCO. Gute Wahl, sehr gute Wahl. Ich habe es nie bereut und ich bin also jetzt wirklich super lange hier zufrieden und ich hoffe. Alf, du könntest mich mich jetzt auch schon Triere nennen. Ich weiß es nicht, ob das gilt, ob das durchgeht. Er ist ja selber kein Trierer. Achso, ja, dann muss ich jemand anders sagen. Okay, ich habe Psychologie studiert. Nach einem Jahr dachte ich, ich könnte noch was anderes studieren, was ich dann auch gemacht habe. Das hat meine Studienzeit erheblich verlängert. Pädagogik, Diplom Pädagogik, habe aber beides irgendwie zum Abschluss gebracht. Ich habe nebenher mehr, ich habe versucht, sozusagen mehrgleisig zu fahren, hab in der Psychotherapie mein Heil gesucht. Das hat mich immer schon interessiert. Der Mensch und seine Irrungen und Wirrungen waren für mich ganz wichtig. Das habe ich zur Approbation gebracht, bin dann aber an der Universität gelandet in den Bildungswissenschaften. Das ist der Bereich der Universität, der für ungefähr 2000 Lehramtsstudierende den pädagogisch-psychologischen Anteil stellt und durch die Beschäftigung damit. Ich habe selbst mein Hobby dann auch zum Thema meiner Dissertation gemacht. Ich war immer schon ganz aktiv bei Amnesty International, habe mich verwehrt, erzähl für Menschenrechte interessiert und habe dazu auch promoviert. Das hat sich alles super ergeben und konnte das jetzt bis auf den heutigen Tag in den Bildungswissenschaften sehr, sehr gut einbringen.
00:14:12: Corinna Ich bin der Meinung, dass wir da ein großes Feld noch vor uns haben und dass es noch viel Arbeit zu machen gibt, auch wenn ich, wie ich eingangs gesagt habe, finde, dass wir schon viel erreicht haben seit dieser Zeit, der er die in meinen Augen bildungspolitisch natürlich ein Aufbruch auf der einen Seite war. Aber ausgehend Kapitel, Julia, magst du dich auch einmal entsprechend vorstellen und vielleicht auch so eine erste Einschätzung zur Entwicklung von Schulen in Deutschland geben?
00:14:44: Julia Ganz gerne. Du hast gerade gesagt, Entwicklung von Schulen in Deutschland. Das war tatsächlich auch mein persönlicher Einstieg in das Thema Lernen. Ich bin in einer bayerischen Grundschule eingeschult worden und irgendwie haben meine Eltern dann beschlossen, nach Rheinland Pfalz zu, als ich in Klasse 2 war und das war der erste Kulturschock, als das erste Diktat hier mal eine echt schlechte Note war in Rheinland Pfalz, obwohl ich in Bayern doch ganz gut war. Aber es war einfach der Dialekt und wenn der Satz heiß In der Straße zur Kirche sind viele Löcher und ich mir denke, was sagt denn die Lehrerin da? Ah, Fantasiediktat, Kirsche und Feuerlöscher. Ich habe das wortwörtlich aufgeschrieben. Das war halt nichts. Das haben wir hinterher geklärt. Ich weiß nicht mehr, wie es um die Note dann stand. Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis später zu dieser Lehrerin, aber das war so der erste Bildungsbruch bei mir und habe dann aber auch mangels anderer Ideen das Gymnasium besucht und das einfach durchgezogen, habe so einen ganz klassischen Weg und habe mich gerade sehr gefreut, über einen Geografen zu hören wie den Alf, da ich Diplom Geografie hier in Trier studiert habe.
00:15:52: Alf Da sind wir schon zwei.
00:15:53: Julia Da sind wir schon zwei und die finden sich auch immer, ich weiß auch nicht, im Zweifel im Podcast Studio. Ja, und ich erlebe heute, da ich Mutter bin eines inklusiv beschulten Kindes im Grundschulalter natürlich nochmal das Thema von einer ganz anderen Warte. Ich bin da irgendwie so durchmarschiert ohne Groß Thema. Zu Hause komme ich aber auch nicht aus dem Akademikerhaushalt. Meine Eltern sind Zahntechniker, Zahntechnikermeister. Das war jetzt nicht Ziel und Zweck, dass ich da Abitur mache und ans Gymnasium gehe. Aber da waren meine Freunde, die wollten da hin. Ich wollte dann mit. So hat sich das ergeben und das liebste Fach war Leistungskurs Geografie und so gab es eben das Studium und Trier war auch in Rheinland Pfalz. Das fand ich mit Freunden in der Gegend auch gut und das hat sich irgendwie ergeben. Und jetzt so als Mama erlebe ich es noch mal anders, wenn ich sehe, wo ein Kind mehrere Möglichkeiten hat oder die Umwelt auch Mensch, vielleicht gäbe es da eine andere Möglichkeit, dass man da durchaus auch mal auf Hürden stößt oder auf Verantwortung von Eltern, Verantwortung der Gesellschaft, dass man auch mal schwierige Phasen hat, die ich persönlich so gar nicht kenne. Ich habe eine extrem positive Schulzeit erleben, bis auf dieses eine Diktat gehabt. Und ja, das ist spannend, das zu erleben beruflich. Du hast ja vorgestellt im kommunalen Bildungsmanagement für einen Landkreis, das heißt, ich gucke auf die Entwicklung von Bildung in einer ganzen Region und und finde das ganz spannend, so Trends und Themen zu verfolgen und erlebe auch einen großen Wandel an Schulen. Aber auch, was mir immer begegnet, ist das Thema Haltung. Haltung zu Veränderung, Haltung zum Verbleib auf Dinge, die persönliche Haltung, die man mitbringt, die Haltung, die einem gegenübertritt. Das ist so ein Thema, was ich früher schon erlebt habe, die den Unterschied machen kann und wo ich auch heute noch oft wahrnehme.
00:17:53: Corinna Kennst du den Raul Krauthausen? Genau, also Raul ist so ein Inklusionsaktivist und der sagt seit einigen Jahren immer, die Leute sollen mir mit ihrer Haltung fortbleiben. So, weil ich habe ein Recht. Also Raul Krauthausen ist ein Rollstuhlfahrender, also Mensch mit einer Beeinträchtigung und der mein Gott, wir haben 2009 die UN Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Da steht unter anderem das Recht auf inklusive Beschulung und die allgemeine Erfahrung ist ja hä, Na ja, es gibt das Recht, irgendwie auf dem Papier. Aber die Realität führt oft dazu, dass Eltern in der Regel für ihre Kinder entscheiden. Die Regelschule ist so schlecht auf diese Aufgabe vorbereitet. Es gibt teilweise Situationen, wo Eltern gesagt Solche Kinder nehmen wir hier nicht und so weiter. Und bis wir wenn wir jetzt tatsächlich darauf warten, dass alle ihre Haltung angepasst haben, dann ist der Zug für diese Individuen natürlich abgefahren. Und also Raul sagt und dann können wir auch noch 100 Jahre warten und es wird sich irgendwie nichts passieren. Es wird nichts passieren, was ausreicht, um dieses System zu verändern, weil es so träge ist und weil es so gut eingefahren ist. Wie würdest du das beantworten? Wie würdest du dem entgegnen?
00:19:11: Julia Ich würde sagen, ich kann seine Sicht erstmal nachvollziehen. Ja, das kann ich. Ich würde sagen, man kann auch Ich habe das Recht, ich gehe auf die Schule. Die Frage ist wie gelingend oder positiv wird es dann wahrgenommen? Weil ich kann das Recht haben, da zu sein in der Schule. Nur wenn ich dort bin. Wie wird mit mir dort umgegangen? Da braucht schon die Haltung des einzelnen Menschen, des Lehrers, der Lehrerin, der Lehrkraft, die mit mir arbeitet, am besten gar nicht nur der Lehrkraft. Ich würde ja heute sagen, multiprofessionellen Teams an Schule ein Baustein. Wie wird mir da begegnet? Wie ist die Haltung des Einzelnen zu dem Thema? Ich glaube, das Recht? Ja, das ist da. Das Recht muss man auch manchmal durchsetzen. Ob das dann eine positive Zeit wird, nur weil man in dieser Schule ist, das hängt aus meiner Sicht doch von der Haltung ab.
00:20:02: Corinna Darf ich mal fragen und versuchen, das an der Stelle noch ein bisschen weiter zu treiben. Also man kann jetzt natürlich über Kinder reden, die tatsächlich eine Beeinträchtigung haben, aber insgesamt ist so meine Beobachtung. Und Suki, da würde ich dich gerne noch mal fragen. Du hast gesagt, an meiner Schule, an meiner Gesamtschule haben wir sowieso sehr unterschiedliche Leute. Und das würde ja bedeuten, wenn da Leute sind, die zum Beispiel eine Fluchtgeschichte haben, wie du gesagt hast, die vielleicht noch nicht so gute Deutschkenntnisse haben, dann müsste es ja so sein, dass man entweder als Lehrer
00:20:37: Suki Ich habe die Haltung nicht, dann laufe ich weg. Oder ich lasse mich eben darauf ein und verändere meine Haltung, um sozusagen meiner Aufgabe hier gerecht zu werden.
00:20:47: Corinna Ja, also ich denke auf jeden Fall, bei uns sind die Lehrer schon sehr darauf eingestellt, dass viele verschiedene Menschen an der Schule sind. Deswegen gibt es ja auch bei uns DAZ Unterricht, dass Leute, die vielleicht noch nicht so gut Deutsch können, dann besser Deutsch lernen können. Wofür steht das? Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber da ist halt einfach sozusagen ein extra Unterricht für die Leute, die noch nicht so gut Deutsch können. Deutsch ist Zweitsprache. Ja, so heißt das ja. Genau. Super. Jetzt willst du noch mal aus deiner Perspektive. Ja, ich merke das nämlich und ich. Freue mich auf jeden Fall.
00:21:25: Lothar Ich finde das total gut, was du gerade von dem Raul Krauthausen noch eingebracht hast. Erstens glaube ich, dass Haltung oder ich denke, dass es auch belegt ist wissenschaftlich, dass Haltung absolut wirksam ist. Also insofern ist es, glaube ich, absolut zu kurz gesprungen, lediglich, sagen wir mal, Methodik von Inklusion zu vermitteln und über didaktische Fragen oder von mir aus Fragen des Nachteilsausgleich, Leistungsbeurteilung oder Ähnliches zu sprechen. Das ist in meinen Augen das ganz, ganz wichtige Handwerks Zeug. Und gleichzeitig, und das widerspricht sich auch nicht, dass die Haltung, also quasi die Einstellung zu dieser Thematik wirksam ist. Das kann man als nachgewiesen beachten. Ich kann aber den Raul Krauthausen total gut verstehen und dass der sauer ist und das erlebe ich bei vielen Menschen, die betroffen sind, dass das so quasi wie eine Gnade wirkt.
00:22:14: Corinna Wenn du die Haltung hast, dass wir sozusagen partizipieren dürfen und dass wir in der Gesellschaft gleich teilhaben dürfen, dann ist das gut. Also Teilhabe wird sozusagen gewährt. Und da kann ich absolut verstehen, dass man dagegen trotzt und dass es auch ärgerlich ist, weil natürlich ist das ein Grundrecht, was jeder Mensch erstmal innehat. Und gleichzeitig, das war das, was Julia eben gesagt hat, treffen wir auf eine Gesellschaft und das ist pure Sozialpsychologie, muss man sagen, dass die Menschen, die sozusagen an der Stelle nicht betroffen sind, wobei wahrscheinlich sind wir alle betroffen, was Diversität angeht sowieso, aber dass Menschen vielleicht auch so was wie Dankbarkeit haben wollen für ein Entgegenkommen oder ein scheinbares Entgegenkommen. Und wenn Menschen wie Raul Krauthausen, ich kenne auch einige aus der Uni, mit denen ich zu tun habe, die völlig selbstbewusst und natürlich ihr Recht auf Partizipation und Augenhöhe einfordern, dass die dann sauer werden, wenn sie das Gefühl haben, sie bekommen es entweder gewährt oder auch nicht. Vielleicht eine ganz kurze Erläuterung noch. Ich habe in den Bildungswissenschaften auch die Funktion gehabt, muss man sagen, das ist jetzt seit kurzem an einen anderen Ausschuss übergegangen, aber ich habe die Funktion gehabt, über Nachteilsausgleich in den Bildungswissenschaften zu entscheiden oder mitzuentscheiden. Also wenn Leute kamen und gesagt haben, ich habe eine Beeinträchtigung, ich habe ein Aufmerksamkeitsdefizit oder ich habe ein anderes Beeinträchtigung, dann hatte ich oft das Gefühl, wenn die mir gegenüber saßen, dass die fast ein bisschen demütig sind und in so eine Bittsteller-Position gekommen sind und ich die erstmal ermächtigen musste, dass ich denen fast erlauben sollte, hatte ich das Gefühl. Das war jedenfalls das Beziehungsangebot an mich. Erlaub du mir, dass ich diesen Nachteil bekommen und ich habe dann teilweise lange gebraucht, bis ich die den Leuten zu verstehen gegeben habe. Ich bin nicht derjenige, der hier darüber bestimmt, ob du einen Nachteilsausgleich bekommst, sondern du hast das Recht und das ist eine selbstverständliche Errungenschaft unserer Gesellschaft, die wir wertschätzen sollten. Und ich bin nicht derjenige, der das gewährt. Und das war für manche erstaunlich. Und so ein Raul Krauthausen ist vielleicht schon Schritt weiter und hat gesagt, das ist mein Recht und das ist selbstverständlich und deswegen werde ich auch in meinen Augen zu recht sauer, wenn mir das jemand von oben herab gewährt oder auch nicht. Genau. Also ich glaube, das trifft es unheimlich gut. Und dass Studierende, die ein Recht haben auf einen Nachteilsausgleich, also im Alter von 19 Jahren oder so zum ersten Mal erleben, dass jemand sagt, das ist dein Recht, dass du da in Anspruch nimmst, das ist schon ein bisschen traurig, weil es ja darauf verweist, dass die Lebenserfahrung eben eine andere ist.
00:24:56: Lothar Ja, dass das fast selten ist.
00:24:57: Corinna So ist das. Dann ist das noch lange nicht so weit, wie wir es haben wollen. So ist das. Wie nimmst du das als Mutter wahr?
00:25:06: Julia Also das Thema Dankbarkeit, Als du das eben sagtest, dachte ich schon, ja, das wird schon so gedacht, dass man so dankbar, Wir haben ja schon ihr Kind und wir machen das ja schon. Ich erlebe es eher, also dass man das mir so, dass ich das Gefühl vermittelt bekommen, das sollte ich sein, das nehme ich schon so wahr. Ich denke aber Mensch, ich schenke euch mit meinem Kind an der Schule auch was. Und ich bin großer Fan. Auf Bundesebene haben wir einen Inklusionsbeauftragten und der hat ein Motto Inklusion und Demokratie zusammengedacht. Und zwar heißt Demokratie
00:25:46: Corinna braucht Inklusion.
00:25:47: Julia Dankeschön. Demokratie braucht die Inklusion. Und ich habe ihn auch selbst reden hören von seiner Bildungsgeschichte und dem Kampf seiner Eltern, ihn an ein Gymnasium zu schicken als Mensch mit Sehrest, der dann wohl erblindet ist. Und ich nehme das wahr, dass diese Vielfalt, dass nicht alle gleich sind, dass sich auch mal jemand anders verhält, dass jemand ein bisschen andere Rahmenbedingungen braucht. Oder ich habe ein Kind, das bei Ungerechtigkeit sehr laut wird und sich nicht zurückhält, wo andere vielleicht bei einer Lehrkraft, ich sag mal lieber nichts, dann auch die Chance haben. Mensch, da traut sich mal einer was, was ich mich vielleicht nicht trauen würde, der passt sich jetzt gerade nicht so sehr an. Und Mensch, ich erlebe da was, da setzt sich jemand ein oder jemand braucht mal eine Auszeit. Boah, ich bräuchte die auch. Der Tag war auch anstrengend für mich, ich habe auch nicht gut geschlafen, Ich brauche auch mal eine Auszeit. Und wenn in Klassen oder in der Gemeinschaft mehr Vielfalt ist, dann kann das ja auch mal einem Kind helfen, das nicht von vornherein weiß. Es braucht immer diese Auszeit, aber es hat halt heute einen doofen Tag, dann braucht es die. Und dann ist das eben nicht was Sonderliches oder was, was man fordern müsste, sondern es ist einfach möglich, weil die Räume, sage ich, schon geöffnet sind.
00:27:01: Corinna Ich würde gerne noch einmal zurückkommen zu diesem Ausgangspunkt. Also wie hat sich Schule entwickelt? Und ich bin über deinen Satz, Lothar, gestolpert, als du gesagt hast, schon zu meiner Schulzeit war es so, dass auf diejenigen, ich glaube, so ungefähr hast du es formuliert, die zur Hauptschule gingen, wurde halt herabgeschaut. Kannst du jetzt einmal ein bisschen mehr dazu sagen, wie die Entwicklung ist?
00:27:23: Lothar Also wir haben bei der Hauptschule eine absolute Entwicklung weg von ihr. Und das ist in meinen Augen auch absolut nachvollziehbar. Wir hatten also in den er Jahren fast noch 4 von 5 Kindern, die an der Hauptschule unterrichtet wurden. Und das Gymnasium war wirklich elitär im eigentlichen Sinne in manchen ländlichen Gebieten.Du hast gesagt, du kommst dagegen aus. Der Eifel bei uns waren von 20 Kindern sind zwei zum Gymnasium. Genau. Und die mussten wahrscheinlich sogar irgendwo in der Nähe sein von einer größeren Stadt oder dahin gebracht werden. Und das war für manche schon gar nicht möglich. Dann gab es die Bildungsexpansion in den 70ERN, da haben wir deutlich Standort oder lebensortnähere Gymnasien auch gehabt. Das nannte man ja Bildungsexplosion oder Expansion. Da waren es noch so 50 Prozent und wir sind jetzt mittlerweile bei deutlich unter 10 Prozent. Das Wort von der Restschule, das böse Wort der Hauptschule ist schon seit mindestens 15, 20 Jahren fast in aller Munde. Und in Rheinland Pfalz ist sie ja komplett abgeschafft in die Realschule Plus übergegangen. Und wir müssen aufpassen in meinen Augen, dass dieser Ruf, von dem ich eben sprach, der schon zu meiner Jugendzeit quasi der Hauptschule anhing, obwohl es eigentlich die Mehrheit der Kinder waren, die dort hingegangen sind, dass sie eben eine Schule für die weniger Privilegierten oder die weniger Begabten oder überhaupt die schlechter Gestellten. Und wir hätten damals noch ganz andere Begriffe verwendet, die ich hier nicht wiederholen möchte, dass das diese Schule ist. Es hat sich sozusagen nivelliert, die Schule wurde quasi irrelevant und wir müssen aufpassen, dass die Realschule plus auch in Rheinland-Pfalz nicht diesen Status. Einnimmt und dass die Kinder, die dorthin gehen, auch als diejenigen gelten, die es halt nicht zum Gymnasium geschafft haben. Das ist ein Grundproblem unserer frühen und dann auch sehr nachhaltigen Selektion. Wir haben ja kaum Durchlässigkeit zwischen den Schulsystemen. Wir haben das früheste Selektionssystem Europa und fast weltweit nach der vierten Klasse bis auf Berlin und Brandenburg, die nach der 6 delegieren. Und die Haltekraft dieser Schultypen ist enorm. Das ist insofern natürlich ein Riesenproblem für diejenigen, die es nicht aufs Gymnasium schaffen, in Anführungsstrichen. ch habe ja eben gesagt, dass wir mittlerweile einen deutlich höheren Anteil haben. Du hast, glaube ich, die Zahlen präsenter fast als ich. Und wir sind also bei Gymnasium, gymnasiale Oberstufe an den IGS, an den Gesamtschulen und vielleicht noch die gymnasialen berufsbildenden Schulen, also das berufliche Gymnasium zusammenzählt, kommen wir so auf 40 bis 50 Prozent Abiturienten teilweise. Und das ist genau die Diskussion, die du anmoderiert hast, Corinna, dass dann gesagt wird, das ist der Verfall des Abendlandes, was die Leistungsfähigkeit angeht etc. Würde ich gerne später noch was zu sagen zu diesem Leistungsbegriff, den ich ganz, ganz problematisch an der Stelle finde. Aber das ist ist die derzeitige Situation und ich hoffe, da geht es, dass dann noch einige Schritte weiter gegangen werden hin zu einer inklusiveren Schulform.
00:30:31: Alf Ja, vielleicht ein paar statistische Zahlen dazu, was mir immer wieder aufgefallen Irgendwo schaffen es unsere Bildungsministerien nicht zu prognostizieren. Ich habe Zahlen gelesen, 2015 hat man für 2025 das das Jahr, in dem wir uns jetzt befinden, eine Schülerzahl von 7,9 Millionen vorausgesagt. Wir sind aber bei 10, wie kann das sein? Darüber stolpere ich immer über solche seltsamen Blüten von Prognostikern, die meiner Ansicht nach einfach in Ermangelung von tiefschürfendem empirischen Wissen erfolgten. Auffallend ist an den Zahlen. Lothar hat das deutlich richtig gesagt, dass es eine stark anzeigende Gruppe auf dem Gymnasium gibt und eine stark sinkende Gruppe auch in den Realschulen. Auch die Realschule plus nimmt ab. Zunehmen tut Sukie, die Gesamtschule auch meine Lieblingsgruppe, muss ich wirklich sagen. Das ist die Schule, die mir am am meisten zusagt, weil sie einfach diese Heterogenität, die du so schön beschrieben hast, aufweist. Die Gymnasien sind immer noch weiß in Trier, katholisch und regional. Also meine beiden Kinder waren an einem Trierer Gymnasium, ich möchte den Namen jetzt nicht sagen, in der Grundschule beim Felix waren in der Klasse bei 29 Kindern elf Nationen, im Gymnasium waren bei 25 Kindern zwei Nationen. Das gibt doch schon zu denken. Und genau das ist auch das Problem. Also die Durchlässigkeit, die gerade beschrieben wurde, die fehlt allenthalben. Zur Statistik vielleicht noch zwei, drei Sätze. Lehrermangel gibt es im ländlichen Raum und teilweise Überschuss in den Ballungsräumen umgekehrt, Entschuldigung, Überschuss in ländlichen Raum und Lehrermangel in den Ballungsräumen, das zeigt doch schon, wie dieser Beruf sich auch verändert hat. Darüber hätte ich gerne noch etwas gewusst. Vielleicht finde ich den richtigen Ansprechpartner, die richtige Ansprechpartnerin. Das ist etwas, was mir sehr aufgefallen ist. Ist der Beruf nicht überall gleich wichtig?
00:33:02: Julia Zu den Lehrern möchte ich gleich eingehen, auch zu den Lehrerzahlen. Ich würde gerne noch mal ich bin ja jemand, die tagtäglich gerne in die Glaskugel guckt, nein, auf die Zahlen schaut und versucht eine Prognose zu machen oder zu berechnen. Und beim Thema Durchlässigkeit, Lothar hat eben gesagt, das ist relativ fest, was wir im Bildungsbüro in Analysen feststellen. Ja, es ist relativ fest und stabil, dass Eltern einen Hang haben, die Kinder in Klassenstufe 5 aufs Gymnasium zu. Schicken. Was wir aber auch feststellen, ist ein großer Durchlässigkeitsfaktor, der besteht nach unten, nämlich eben vom Gymnasium ab Klassenstufe 7, in unserer Region sind es dann Realschulen plus, in anderen Regionen ist die Realschule oder die Hauptschule, je nachdem, wo man in Deutschland ist. Diese Durchlässigkeit besteht durchaus im System und da ist eine große Bewegung drin im System. Das analysieren wir gerade permanent und müssen gucken, welche Schlüsse wir dann daraus ziehen. Das ist erstmal so eine Beobachtung. Und ich bin ja jetzt mit dem Landkreis Trier Saarburg im ländlichen Raum, wir haben aber auch städtische Gebiete und wir merken, dass wir auch Schulstandorte haben, eine Realschule plus im ländlichen Raum, wo viele, viele Lehrer gerne hin wollen, einfach weil das Team auch stimmt. Also die Möglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer, sich zu entscheiden, auch für eine Konzeption, für eine Art und Weise, wie man arbeitet, die ist ja durchaus gegeben. Und das ist inzwischen eben auch ein Faktor der Wahl. Wo will ich mich niederlassen, wo will ich arbeiten, wie möchte ich arbeiten, in welchem Kontext, der durchaus in unserer Wahrnehmung von außen eine Rolle spielt.
00:34:42: Corinna Darf ich dazu mal eine Frage stellen? Ich war kürzlich und eifig sage ich auch nicht an welcher Schule, aber an einer Grundschule und da hat mir eine Person aus der Schulleitung erzählt, dass sie, es war eine städtische Grundschule, dass sie früher im ländlichen Raum gearbeitet hat und dass sie der Meinung ist, dass die Arbeitsbelastung im ländlichen Raum viel, viel geringer sei, weil die Kinder häufig nur den Halbtag in der Schule verbringen, weil die Gruppen am Ende des Tages homogener sind, man mit den Kindern leichter arbeiten kann und so bestimmte Herausforderungen, die sich in der Stadt summieren, so habe ich sie verstanden, eben nicht hat und dass sie der Meinung ist, dass man das auch anders honorieren müsste. Wie auch immer. Ist das wahr? Beobachtet ihr das? Habt ihr.
00:35:32: Lothar Also diese Tendenz, dass ländliche, und da würde ich jetzt sagen, insbesondere Grundschulen stark frequentiert sind, während an den, ich sag mal, weiterführenden Schulen, insbesondere Gymnasien, glaube ich, die städtischen Standorte nach wie vor eher auch attraktiv sind, was auch an dieser Selektion daran liegen mag oder so. Das mache ich auch. Also es fängt schon bei den Praktika an, Studierende oder auch bei Peace Tätigkeiten, das sind Hilfslehrertätigkeiten, die schon von Studierenden erfüllt werden, dass man Da gehe ich doch lieber in die Eifel oder so und mache eine Tätigkeit vielleicht. Wenn ich da auch vielleicht einen Standort habe, einen Wohnort oder ähnliches, dann gehe ich da natürlich hin. Genau aus den Gründen, die du gesagt hast, Corinna, dass viele glauben meinen und es mag mit Sicherheit an dem einen oder anderen Standort so sein, dass die Diversität und dass die Vielfalt der Schülerschaft eine andere ist, als wenn ich jetzt hier in die Stadt gehe, in den Grundschulen etc. Ich finde es natürlich grundtraurig und schade, dass das so ist. Und es ist auch wahrscheinlich, um nochmal das Thema Haltung aufzubringen, eine Frage von Haltung, die auch mit Kompetenz zu tun hat. Wie gehe ich überhaupt mit Diversität im Unterricht um und wie kann ich mich professionalisieren, um auch mit wirklich unterschiedlichsten Menschen, Kindern umzugehen? Wenn das nicht der Fall ist und wenn man dann vorhersagt, dass man damit nicht klarkäme, vielleicht auch mal eine negative Erfahrung gemacht hat in der Schule, dass es problematisch war, dann scheint es diese Tendenz aufs Land zu geben. Bei den Grundschulen, bei den Gymnasien sieht es meines Erachtens bisschen anders aus.
00:37:14: Corinna Julia magst du dazu auch was sagen?
00:37:17: Julia Ich würde das ähnlich wie der Lothar so einschätzen von außen und erlebe aber tatsächlich, dass das Konzept der Schule in Stadt oder im ländlichen Raum durchaus die größere Rolle spielt. Also wir haben auch im ländlichen Raum Schulen, die ganz neue Wege gehen, die sagen, wir schaffen jetzt mal die Hausaufgaben ab. Wir sind Ganztagsschule, wir schaffen das hier komplett. Das Thema Betreuung ist in Stadt und Kreis ja auch immer ein Thema. Wie stellen sich die Schulen auf? Sind sie Ganztagsschule, betreuende Schule und wie bringt sich dort die Schule die Lehrerschaft selbst ein? Wie kann sie sich einbringen? Wie sehr möchte sie auch diesen Teil des Tages mitgestalten? Weil wir reden ja häufig nicht mehr von einem Lernort, sondern von einem Lebensort Schule. Und die Chance, finde ich, besteht in Stadt oder im ländlichen Raum für alle, die wollen. Und das ist eine Riesenchance. Ich wollte eine Frage an die SUPI stellen.
00:38:12: Alf Ich hab grad Hausaufgaben gehört, das war bei uns immer bei mir schon ein Thema, bei unseren Kindern natürlich auch. Und ich finde das ganz super interessant, was Julia gerade erzählt hat, dass es Schulen gibt, die die Hausaufgaben abschaffen. Würdest du dir das auch wünschen oder machst du gerne Hausaufgaben?
00:38:32: Suki Also ich würde mir tatsächlich nicht wünschen, dass Hausaufgaben abgeschafft werden, weil es einfach für mich hilft, Sachen noch mal zu wiederholen und angeleiteter zu wiederholen, als wenn man einfach nur den Stoff vom Unterricht wiederholt. Das kann zwar auch was bringen, aber die Lehrer machen sich ja schon Gedanken, was sie aufgeben, dass das zum Unterricht passt und dass das die Schüler weiterbringt. Und deswegen finde ich das eigentlich schon sinnvoll, aber nicht unbedingt in allen Fächern. Also ich bräuchte jetzt keine Hausaufgaben in Musik oder Kunst unbedingt zu haben, aber in so Fächern wie Mathe oder Deutsch, dass man einfach den Stoff noch mal ordentlich wiederholen kann, finde ich das schon wichtig.
00:39:18: Corinna Und jetzt könnt ihr das wieder nicht sehen. Aber Julia hat direkt wie in der Schule den Finger gehoben und zwar ganz steil. Sie will da unbedingt was sagen.
00:39:26: Julia Ja, vielleicht gehe ich noch mal zurück. Anfang der 90ER, als ich in diese rheinland pfälzische Grundschule gewechselt bin und tatsächlich habe ich die Lehrerin von damals im letzten Jahr 2000 besucht, die war da 91 Jahre alt, die Dame. Und ich habe sie ein bisschen gefragt, weil ich so ein bisschen gestruggelt bin, wie es hier so läuft, wie sie das damals erlebt hat, was sie so gemacht hat. Und wir haben noch mal über meine Schulzeit gesprochen und dann hat sie ja, weißt du gar nicht mehr, wie das bei uns war, weil ich sie gefragt Wieso kann ich mich überhaupt nicht an Hausaufgabenstress erinnern? Und dann hat sie Ja, weißt du nicht, ich habe euch keine aufgegeben. Und dann war ich noch mal total baff, dass ich Anfang der er in einer rheinland-pfälzischen Schule keine Hausaufgaben auf hatte. Das war mir irgendwie nicht so bewusst, weil wir mussten viel auswendig lernen und hat sie Ja, das musstet ihr und ihr hattet ein Schönschreibheft und da habt ihr die Dinge noch mal richtig reingeschrieben bei mir in der Schule. Aber sie hält von diesem Thema nicht so viel. Das war ihre persönliche Meinung, weil sie sagt, die Unterschiede zu Hause sind so groß. Der eine hat die Mama, die zu Hause ist und hilft, der nächste hat nicht mal einen Schreibtisch, der nächste ist draußen, aber ein Gedicht lernen, das könnte draußen, das könnt ihr drinnen, das könnte auf dem Bett, das könnte auf dem Boden, das war mir wichtig und das hat euch gut trainiert. Das war meine Methode. Da war sie auch nicht mit einer ganzen Schule unterwegs, sondern das war sie als Person, die das so gesehen hat. Da habe ich schon oft und lang drüber nachgedacht, weil ich das wirklich als eine stressfreie Zeit erlebt habe und das durchaus jetzt als Mama am Nachmittag mal anders wahrnehmen darf, nämlich als eine stressige Zeit. Und ich frage mich dann immer, also viele Kinder bleiben ja den ganzen Tag in der Schule und wenn nach einem Ganztagsschulbesuch dann noch die Hausaufgaben anstehen, dann frage ich mich auch so ein bisschen, wo bleiben denn andere Dinge, die im Leben auch noch eine Rolle spielen.
00:41:22: Suki Ja, also bei uns an der Schule ist es ja so geregelt, dass die Leute, die im Ganztagunterricht sind, da ihre Lernzeit haben, also die Hausaufgaben im Ganztagsunterricht schon machen. Und ich glaube, das ist an vielen Schulen so. Ich bin mir aber auch nicht sicher.
00:41:37: Alf Das hieß bei uns im Internat immer Silentium, das war nachmittags, zweieinhalb Stunden nachmittags zum Hausaufgaben. Die wurde größtenteils in der Oberstufe dann durch Schlaf abgelöst.
00:41:48: Corinna Lothar, hast du dazu auch eine Meinung?
00:41:50: Lothar Also erstmal zu dieser Sinnhaftigkeit von Hausaufgaben gibt es natürlich auch ganz, ganz viel. Eine ehemalige Professorinjuristie, Frau Standop, hat dazu ein Buch geschrieben und wägt quasi didaktisch pädagogisch die Vor und Nachteile ab. Und man kann bestimmt viele Vorteile finden, dass man Dinge wiederholt, dass man sich vielleicht erarbeitet, die dann im Unterricht vertieft werden können oder so, dass man, da gibt es auch moderne Konzepte, Flipped Classroom nennt man das, dass man zu Hause was erarbeitet und im Unterricht dann versucht zu vertiefen. Je nachdem kann das sinnvoll sein oder auch weniger sinnvoll. Das Problem, was ich da sehe, ist, dass eine Hausaufgabe, wie der Name schon sagt, an das Haus gebunden ist und wir leider Gottes wissen, dass das häusliche Umfeld massiv Einfluss darauf hat, ob Bildung und Hausaufgaben dementsprechend auch gelingen oder nicht. Das hat man in Corona Zeiten ganz besonders erlebt, wo ja fast alles Hausarbeiten waren und Hausaufgaben waren, was aber nach wie vor vor Corona und nach Corona in eigentlich allen Bildungsstudien immer wieder neu festgestellt wird und aktualisiert festgestellt wird, dass der Erfolg in der Schule leider hochgradig korreliert mit der Bildungsnähe oder der Bildungsferne des Elternhauses. Seit 2001 dem Pisa Schock, ist das immer wieder quasi verifiziert worden, dieses Ergebnis. Und da haben wir in meinen Augen noch kein Konzept gefunden. Klar, die Ganztagsschule ist stärker geworden, die Betreuung im Nachmittag ist stärker geworden, gebundene Ganztagsschulen, die also auch rhythmisiert unterrichten, die nicht nur nachmittags ein paar Ausgewählte, die vielleicht nicht nach Hause sollen oder so betreut, sondern alle in der Schule behalten, so wie bei der IGS dann da auch so eine sinnvolle Begleitung machen kann, dann ist das natürlich pädagogisch eine ganz andere Hausnummer, als wenn die Kinder quasi ihrem häuslichen Umfeld im Positiven oder im Negativen ausgesetzt sind und dann genau diese Schere auseinandergeht, die wir in Deutschland sehr viel stärker zu vergegenwärtigen haben als in vielen, vielen oder den meisten anderen Ländern. Das ist das Problem in meinen Augen an Hausaufgaben.
00:44:04: Corinna Und kann man jetzt, wenn man über diese Schere nachdenkt, würde ich gerne noch mal auf diesen Punkt Leistungsbegriff zurückkommen. Also kann man durch so einen Leistungsbegriff, der da heiß Wir machen mehr Überprüfungen, mehr Hausaufgaben, mehr Notendruck oder so, kann man dadurch die Schere schließen aus deiner Sicht?
00:44:24: Lothar Da kommt es, wie gesagt, wie du sagst, total darauf an, welchen Leistungsbegriff wir eigentlich haben und welche Motivation wir auslösen wollen. Wenn ich mit Strafe und Lob arbeite, also quasi klassisch konditioniert daran gehe und mit Angst arbeite oder eben natürlich auch mit Freude über den Erfolg, wenn ich gelobt werde etc. Dann mache ich aus einer ursprünglich intrinsischen Motivation, ich habe etwas total gerne selbst gemacht, weil es mir Spaß gemacht hat, aus Freude am Tun mache ich eine extrinsische. Wenn ich etwas mache, um etwas Drittes zu bekommen, nicht wegen der Tätigkeit selbst, sondern um die gute Note zu bekommen und das Lob der Eltern, der Lehrperson, was auch immer. Das ist in meinen Augen ein Riesenproblem, weil es die intrinsische, die ursprünglich sozusagen aus sich selbst rauskommende Lust am Lernen korrumpiert. Sie macht sie weniger wahrscheinlich. Und das sieht man, dass die Schullust stetig absteigt. Von der ersten Klasse sind alle super froh. Vorgestern war der erste Schultag und die Kinder sind happy und so eine zweite Klasse auch noch alles. In der dritten Klasse geht's los, die ersten Noten, dann geht es auf die Gymnasial oder nicht Gymnasialempfehlung zu und schon sinkt die Schuld und das durchgängige Phänomen bis zur Klasse 9, 10 ungefähr in der Oberstufe. Für diejenigen, die es dann schaffen, sieht es noch mal anders aus, Aber bis dahin hat sich die Schullust erheblich gesenkt und das hat ganz, ganz viel auch mit Notengebung und mit sozusagen Bewertung von außen zu tun. Und das Verständnis von Leistung ist in unseren Schulen noch viel zu sehr produktorientiert. Das heißt, was hinten im Test rauskommt, ist Leistung und und wie ein bestimmtes Produkt gestaltet ist, das kann auch im künstlerischen Bereich sein, Das ist Leistung. Der Weg dahin, der Aufwand, das Engagement, der Lerngewinn, wo ein Kind angefangen hat, bis es zu diesem Punkt kam, ist deutlich weniger. Es kommt natürlich in den EPO Noten ein bisschen vor und es wird vielleicht auch in der mündlichen Rückmeldung gegeben, aber unterm Strich zählt das Produkt deutlich mehr als der Weg dahin. Das ist in meinen Augen ein Riesenproblem, weil hochleistungsfähige Schülerinnen und Schüler, gerade jetzt mit Förderbedarf beispielsweise diese Rückmeldung viel zu selten bekommen. Was hast du eigentlich geschafft? Was hast du geleistet? Wie ist dein Weg gewesen und wie weit war dieser Weg und wie konnte das dazu kommen? Bravo, du hast es sehr, sehr weit gebracht, wenn du, keine Ahnung, an bestimmte Stelle gekommen bist. Die muss man gar nicht zertifizieren oder so. Das ist etwas, was Selbstwirksamkeit auch fördert für diese Menschen, das ein Selbstwertgefühl fördert. Wir wissen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen signifikant niedrigere Vorstellungen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit und ihres Selbstwerts überhaupt haben. Was ist das denn? Das ist doch eine Katastrophe, dass diese Menschen sich selber als weniger Wert, kann man fast sagen, empfinden. Und das hat in meinen Augen Grund. In dieser Produktorientierung. Unseres Leistungsbegriffs bin ich sehr einverstanden.
00:47:32: Alf Ja, ich höre da so raus, die permanente Leistungsüberprüfung überfordert, da brauchen wir gar nicht drüber zu reden. Das ist so. Es gab eine schöne Diskussion jetzt in der Zeit zwischen dem Sven Teuber und seinem, ich glaube, bayerischen, die sich dann diametral voneinander unterschieden haben. Tät ja jetzt konsequent in Rheinland Pfalz um, dass es keine vor unangekündigten Noten mehr gibt, während sein bayerischer Kollege auf die Echsen, so nennt man das in Bayern setzt, die dann 20 mal im Jahr irgendeine plötzliche Überprüfung von Hausaufgaben und und und, dass die Kinder in der permanenten Stresslevel stecken. Und wenn man sich das so auf sein Berufsleben überträgt, also ich habe jetzt nahezu 50 Jahre Berufsleben hinter mir, Nichts ist gefährlicher als eine plötzliche Überprüfung, eine Evaluierung von deinem Tun. Das setzt sich ja im Leben fort. Corinna, stell dir mal vor, du würdest als Bundestagsabgeordnete ständig überprüft, was du machst. Ihr werdet dat, aber wir werden das schon ziemlich. Ja, aber es ist doch eigentlich furchtbar. Es ist eigentlich furchtbar, dass man eine Kontrollinstanz hat, die ständig an einem rumnörgelt. Und das finde ich, sollte man wirklich überprüfen. Ich finde das eine super Sache. Das ist jetzt meine persönliche Meinung, dass das weniger werden soll. Ich habe nichts gegen eine Benotung oder eine Beurteilung, womöglich sogar eine verbale Beurteilung eines Verhaltens oder eines Fortschritts, Aber eine plötzliche Note. Du hast die Hausaufgaben vergessen, scheiße nochmal, jetzt kriege ich wieder eine schlechte Note. Das ist eine Katastrophe, oder Suki, siehst du auch so, oder?
00:49:23: Suki Ja, auf jeden Fall. Also ich bin ganz froh darüber, dass man jetzt keine unangekündigten Hausaufgabenüberprüfungen mehr schreiben darf, einfach weil viele andere Schüler machen sehr viel Stress vor zum Beispiel jeder Chemiestunde, oh, schreiben wir jetzt eine HÜ, blablabla. Und das kann schon sehr anstrengend sein, kann ich mich noch gut erinnern, macht einem selber dann auch Stress, wenn man dann ah, schreiben wir jetzt wirklich eine HÜ oder so. Und ich habe das Gefühl, dass die Leute dadurch nicht mehr lernen und regelmäßiger lernen durch diese unangekündigten Tests, sondern dass die kurz davor anfangen, sich ihre Hefter rausholen und sagen, vielleicht schreiben wir jetzt eine HÜ, ich gucke mir das jetzt noch mal schnell an und dann da im Schulflur sitzen und sich versuchen, die Sachen noch rein zu prügeln. Und ich glaube nicht, dass das irgendeinen Sinn hat. Und wenn man dann öfters HÜ schreibt, meinetwegen alle zwei Wochen in einem Fach, aber halt dieses Lernen, wenn man weiß, man muss lernen, Und man weiß, dass man sich jetzt darauf vorbereiten muss, dass es dann angenehmer ist für die Schüler und viel weniger Stress für sich selber.
00:50:36: Corinna Man hat Julia, magst du da auch deinen Standpunkt dazu beitragen?
00:50:40: Julia Ja, ich dachte gerade so ein bisschen dran. Wenn man jede Woche eine neue Sprache lernt und jede Woche eine Überprüfung schreibt, dann bleibt man ja auch dran, kontinuierlich. Man hat permanenten Fortschritt. Es gibt geht permanent weiter. Wenn ich das jetzt aber mal 3, 4 Wochen schleifen lasse und dann oh, jetzt passiert was, dann fehlt mir was. Also dieses kontinuierliche Dranbleiben, glaube ich, hat schon einen guten Effekt darauf, dass man vorankommt, dass man weiterkommt. Und warum muss das mit Angst und Druck sein? Der eine Schüler hat so eine Angst davor, dass er deshalb blockiert ist, obwohl er es kann. Ich bin überhaupt nicht gegen Noten. Sehen Sie auch im Sport, da will man auch messen. Man will sich auch manchmal messen, wie gut bin ich, wie stehe ich da kann ich noch eine Schippe drauflegen? Aber dieses Aus Angst gehen oder Schüler, die sich nicht trauen, vor anderen zu sprechen, damit irgendwie so ein Machtgefälle zu machen. Ich glaube, die Zeiten, die sollten wir echt überwinden und gucken, was andere Länder auch besser machen, anders machen und erfolgreich machen.
00:51:43: Corinna Oder auch Schulen, die wir hier in Deutschland haben. Also wir haben ja wirklich sehr, sehr Leistungs Schulen in so einem guten Sinne, also wo inklusiv unterrichtet wird. Und da fällt mir der, wie heißt der Aladdin El Mafalani ein, so ein Bildungswissenschaftler, ein Kollege von dir, der irgendwann, glaube ich, auch in einem Podcast bisschen dargelegt hat, wo er die Problematik heutiger Schulen sieht oder die Herausforderungen vielleicht. Und der hat sehr eindeutig gesagt, wir haben so was und das solle man nicht wegdiskutieren wie eine Hyperdiversität. Also wir haben Kinder, die wirklich sehr unterschiedlich sind. Und dann frage ich Funktioniert dann diese selektive Herangehensweise, wie wir sie kennen in Schulformen überhaupt noch, weil in sich natürlich auch an der IGS oder an der Realschule plus Kinder eines Alters auf. Sehr unterschiedlichen Leistungsniveaus unterwegs sind und sei es nur, weil sie als geflüchtete Kinder oder Kinder mit Migrationsbiografie nach Deutschland gekommen sind und erstmal Deutsch lernen müssen oder so. Wie will man unter diesen Voraussetzungen tatsächlich Noten geben, die ja besagen, es gibt so was wie eine Norm. Also gibt es diese Normen tatsächlich?
00:53:08: Julia Ich würde ohne deine Frage oder deine Aussage zu vergessen, noch mal als Bildungsbüro einen Schritt zurücktreten von dem Thema Schule und fängt das Thema Bildung nicht schon vor der Schule an und auch die Einteilung und Übergänge? Ist die Entscheidung nicht sogar schon vor dem Eintritt in der Grundschule, weil die Kinder besuchen in Deutschland Kindergärten. Ich hoffe ganz viele auch im letzten Schuler. Ich meine, hier in der Region sind die Besuchzahlen doch recht hoch. Und wenn es die Möglichkeit gibt, gibt es ja auch die Tendenzen, manche Schulen, Grundschulstandorte im städtischen Raum zu vermeiden und zu wählen, private, andere weniger belastete aus Elternsicht Schulen zu wählen für das eigene Kind. Und ist nicht da schon eine Entscheidung, ein Bildungsweg getroffen? Und haben wir als Gesellschaft nicht vielleicht auch eine Chance, indem wir an den Übergängen zwischen den Systemen, also auch an den Übergängen eben hatten wir es von der Durchlässigkeit, die es wenig gibt. Ich sage, ich sehe sie nach unten an diesen Übergängen zwischen Schulform am Übergang Kita Grundschule, am Übergang Grundschule weiterführende Schule. Danach hört es ja auch nicht auf. Ich habe den Geografen Kollegen hier eben kennengelernt, der auch noch aktiv ist in vielerlei Hinsicht, in vielen Bereichen. Lebenslanges Lernen ist es. Ich selbst besuche jeden Montag eine Schule, um eine Weiterbildung zu machen. Auch eine komische Sache, so richtig wieder mit Ferien und Schulzeit dann so montags ist man aufgeregt, wenn man dann morgens zur Schule muss, wenn das alles auf einen zukommt. Das ist ein Ansatz, denke ich, auf den man sprechen sollte. Ich freue mich auch immer drauf, wenn der Bildungswissenschaftler Lothar oder Suki aus der Praxis dazu noch was sagen. Ich kann es nur aus den Beobachtungen, die ich im Kontext jeden Tag habe, berichten.
00:55:03: Lothar Wenn ich ganz kurz darf, würde ich nur einen Satz oder zwei noch zu dem Thema vorher sagen. Wir haben als Schule einen gesellschaftlichen Auftrag zu der Thematik Leistungsprinzip und Leistungsbetonung, unangekündigte HÜs und so weiter. Deswegen Teub ja jetzt schon auf den verschiedenen Foren viel Lob bekommen, aber er hat auch massiv sozusagen auf die Mütze bekommen. Warum? Weil gesagt, wir sind dazu da, als Schule Gesellschaft zu reproduzieren. Die Gesellschaft ist hart, Sie hat das Leistungsprinzip, sie verlangt später von dir quasi das Produkt und das muss qualitativ hochwertig sein und das ist nur ein Teil der Wahrheit. Das stimmt aber wir sind als staatliche Schulen oder überhaupt als Gesellschaft im schulischen Kontext genauso verpflichtet. Und jede Lehrperson legt ihren Eid darauf ab, sofern sie verbeamtet wird, dass sie dem Grundgesetz genüge tut, dass sie überhaupt der Verfassung mit all ihren Facetten, ihrer demokratischen Ausrichtung etc. Genüge tut. Und das ist in meinen Augen der wahre Grund für die Verbeamtung. Wenig die Frage nach Unterrichtsausfall wegen Streiks oder so, sondern weil sie staatstragend sind, Lehrpersonen. Staatstragend heißt nicht zu reproduzieren, was möglicherweise als Leistungsprinzip sich in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten etabliert hat, sondern weiterzudenken, die Gesellschaft weiterzuentwickeln und resistent, resilient zu machen gegen das, was wir im Moment als massive Anfeindungen von verschiedenen Seiten erleben. Ich würde sagen, unsere Gesellschaft und damit die Aufgabe der Schule, ob sie gelingt oder nicht, entscheidet sich weniger in einem PISA Test und ob wir im Ranking weiter nach vorne kommen, sondern eher in der Frage, ob unsere Schülerinnen und Schüler, du Suki, in deiner Zukunft in der Lage sein wirst, problematische Entwicklungen, demokratiegefährdende Entwicklungen zu erkennen, wir wollen gar nicht über KI und so weiter reden, zu erkennen und aktiv dann auch dagegen anzugehen. Darin wird in meinen Augen unsere Gesellschaft gelingen oder auch scheitern und weniger in der Frage, ob wir ein paar Punkte im Ranking von PISA nach oben kommen. Ja, also ich bin sehr dankbar, dass wir jetzt im letzten Viertel dieses Podcast auf die Zukunft kommen. Also wir haben sehr viel über Vergangenheit, ich natürlich besonders, das ist viel, weil ich die meiste habe gesprochen, aber die Zukunft, die ist noch so ein bisschen schemenhaft vor mir. Was mir deutlich gemacht wurde in der Vorbereitung dieses Podcasts war, dass es wohl Länder gibt, die schon ein Stück weit weiter sind in verschiedener Hinsicht. In der Digitalisierung sagen wir China, die sind zwar in der Demokratisierung nicht weiter, aber Finnland hat eigene Wege, gute Wege. In Italien wird sehr viel auf Nachhaltigkeit in den Schulen. Es gibt also schon Ideen, die man in die Schule reintragen muss. Die Schule muss etwas mehr als diesen klassischen Fächerkanon reproduzieren. Demokratiebildung, Lothar Das ist meiner Ansicht nach das A und O. Wenn man dann dagegen stellt, wie hoch der Konsum von sozialen Medien ist. Gerade unter Schülern bin ich also an einem Punkt, wo ich wirklich dann nachdenken muss, wie soll es da weitergehen? Und da freue ich mich auf eure Kompetenz auch auf deine Suki. Also ich finde das auch, das passt irgendwie sehr gut zusammen. Lothar, wenn du sagst, es wird darauf ankommen, dass Leute wie Suki später erkennen, wenn diese Demokratie angegriffen wird und dem auch was entgegensetzen. Aber es ist ja so ein bisschen die Wie erzeugt man denn diesen kritischen Blick an Schulen und wie kann man Schulen demokratisieren, damit ihr von Anfang an auch die Möglichkeit habt, diesen Lebensraum Schule auch mitzugestalten? Ist das aus eurer Sicht hier ein wichtiger Aspekt?
00:59:13: Suki Ja, ich würde auf jeden Fall sagen, dass ein wichtiger Aspekt ist, die Schüler im Thema Demokratie sozusagen weiterzubilden, dass die auch mehr darüber erfahren. Ich glaube aber, dass es auch wichtig ist, einfach die Schüler über Sachen, die gerade in der Welt passieren, sozusagen aufzuklären, dass sie sich ihre eigene Meinung bilden können, weil so entsteht ja Demokratie durch Meinungen von verschiedenen Menschen. Deswegen,
00:59:40: Julia Vielleicht kann Schule auch ein guter Ort sein, um Dinge zu üben. Zum Beispiel diskutieren, wenn man Vielfalt kennenlernt. Jemand hat eine andere Meinung. Wenn alle gleich sind oder eine ähnliche Richtung verfolgen, ist es natürlich schwierig, in eine richtige Diskussion zu kommen. Diskussion entsteht ja auch gerne mal durch verschiedene Positionen, die sich reiben und man versucht einen Kompromiss vielleicht zu finden oder man bleibt okay, wir finden jetzt mal keinen gemeinsamen Nenner, aber ich habe dich gehört, ich habe dich wahrgenommen, ich kann dich respektieren, auch wenn ich anderer Meinung bin. Und wir haben eine Diskussionskultur auch so. So einen Möglichkeitsraum eröffnen ja unsere Schulen. Aber dazu braucht es in vielerlei Hinsicht oder in verschiedenen Dimensionen auch das Thema Vielfalt in Schulen.
01:00:29: Corinna Das glaube ich auch. Also was mir gerade eingefallen ist, ich war irgendwann an deiner Schule an der IGS hier in Trier und habe mit einer Gruppe von Jugendlichen gesprochen und die haben mir so Problemlagen geschildert, das Gebäude L, das immer noch aussieht wie und so. Und diese Schüler haben erzählt und es war damals ungefähr ein Jahr her, dass die irgendwann Schilder gemalt haben, hier zum Rathaus gezogen sind und gesagt Und wir wollen jetzt unser Recht als Jugendliche in dieser Stadt beanspruchen, dass diese Stadt sich um das Schulgebäude kümmert. So und die haben gesagt, wir haben uns richtig stark gefühlt, Wir haben Eltern mitgebracht, viele Lehrer waren mit am Start und dann war die Erfahrung Aber am Ende hat sich nichts geändert. Also über Demokratie zu diskutieren, unterschiedliche Haltungen auszutauschen, ist ja eine Frage. Aber die andere Frage Kann ich durch aktive Beteiligung? Bekomme ich so was? Generiere ich so ein Gefühl von Wirksamkeit? Verändert sich dann was? Und das war so die Ebene, über die ich reden wollte. Was können die Schüler denn tatsächlich bewegen? Welche Möglichkeiten habt ihr?
01:01:40: Suki Ich glaube, es ist auf jeden Fall wichtig, dass die Schüler ihre Probleme und ihre Meinungen äußern, weil wenn die Schüler alle ruhig bleiben und niemand etwas sagt, dann kann sich auch nichts verändern, weil dann denkt jeder, dass es ihn niemanden stört. Zum Beispiel bei der Sache jetzt mit unserem Gebäude, ich glaube, das war einige Jahre her, da war ich noch gar nicht an der Schule, aber Klassenkameraden von mir waren da auch dabei, die sind da auch mitgegangen und so. Und tatsächlich wird jetzt im Herbst erst angefangen, das Gebäude umzubauen und das sind, ich weiß nicht, vier Jahre oder so jetzt. Und das finde ich einerseits sehr schade, andererseits sind wir auch alle froh, dass es jetzt langsam passiert. Aber ich finde, dass es wichtig war, auch in diesem Punkt, dass einfach die Schüler gesagt haben, dass sie etwas stört, aber dass auch die Lehrer dann sozusagen sich für die Schüler einsetzen oder das weitergeben. Deswegen ist es auch wichtig, dass man Schülersprecher hat oder Stufensprecher einer SV, die sich für die Schüler einsetzt wirklich und das entgegennimmt, was die Schüler sich wünschen.
01:02:59: Corinna Hast du Ideen dazu, wie man so eine Schule demokratisieren kann?
01:03:05: Lothar Also erstmal würde ich ganz kurz sagen wollen, dass Schüler und Schülerinnen nicht dumm, sondern sehr, sehr pfiffig sind. Und sie merken relativ direkt, ob sie da eine wirkliche Mitbestimmung haben oder ob es ausschließlich darum geht, ob es am Schulkiosk vielleicht das Brötchen oder den Riegel oder ähnliches bekommt oder vielleicht noch, wohin man auf Klassenfahrt fährt. Das ist eine Pseudodemokratie. Das ist im Grunde genommen eine Illusion von Demokratie. Du darfst die Dinge mitbestimmen, die nicht wirklich relevant sind. Aber alles, was mit Selektion, mit Allokation, also Veränderungen mit Zukunftsperspektiven etc. Zu tun hat, da kannst du natürlich selbstverständlich nicht mitentscheiden, Wie auch zum Beispiel diesen Termin für die unangekündigte HÜ, den es jetzt glücklicherweise nicht mehr gibt. Das merken schon Schülerinnen und Schüler ziemlich gut. Das heißt Der erste Schritt wäre, dass wir auch Verantwortung und Macht in Anführungsstrichen auch abgeben müssen. Wir haben extreme Beispiele. Ich weiß nicht, ob ich das wollen würde, aber in Schottland beispielsweise ist es von der Evaluation der Schülerinnen und Schüler abhängig, ob Lehrpersonen eine Gehaltseinbusse bekommen bis hin zur Kündigung.
01:04:09: Alf Klingt doch gut. (lachen)
01:04:10: Lothar Also ich bin ja selbst Beamter. Es hat so viele Vorteile für ein Beamte zu sein, zum Beispiel, dass man die freie Rede praktizieren kann, ohne Angst zu haben, geschmissen zu werden etc. Das halte ich schon für wichtig. Aber wenn es in der Pseudodemokratie in so einer Illusion von demokratischem Mittun ausartet, dann halte ich das für ziemlich durchschaubar und ich glaube, dass viele Schülerinnen und Schüler das auch gleich merken. Ja, es gibt eine Menge Ansätze. Wir haben hier an der Uni in der Lehrpersonenbildung ein Konzept. Wir versuchen Lehramt D in den nächsten Jahren ins Curriculum einzuführen. Das sind die ds Digitalisierung, Diversität und Demokratie. Und in meinen Augen gehört das zusammen, denn wir werden über Digitalisierung wahrscheinlich Anfechtungen bekommen für Demokratie. Wir werden aber mit Digitalisierung und mit KI einiges tun können für Diversität und oder für das differenzierte Adressieren von Bedarfen und von Möglichkeiten für Individuen in der Schule. Es gibt eine Menge Ansätze. Projekt Wir haben in Trier den Professor Busch, der sich ganz stark engagiert. Ich habe selbst mit ihm jetzt gerade ein Projekt bewilligt bekommen. Da geht es um Kinderrechte in der Schule. Das versuchen wir ins Curriculum einzubringen. Es gibt das Projekt Aula, was wir hier auch in Trier vertreten haben. Es gibt also Ansätze, von denen, die alle an der Grenze wahrscheinlich stehen bleiben, wo quasi Schulaufsicht mit ihrer hoheitlichen Macht ins Geschäft kommt. Und wie gesagt, ich will das nicht nur pauschal jetzt kritisieren etc. Aber ich glaube trotzdem, dass Schülerinnen und Schüler lernen und erfahren müssen, dass ihre Entscheidungen spürbare Auswirkungen haben über das hinaus, was nice to have ist. Jetzt vielleicht mal, weil wir so in Richtung Ende gehen.
01:06:06: Corinna Eine Frage, die mich umtreibt. Ich finde schon, dass wir viel darüber geredet haben, wie sich Schule verändern müsste. Ich glaube, wir waren ja zusammen in Daun, haben uns die Kinderuni angeschaut. Jeder von uns hat irgendwie gute Schulen gesehen und auch im Kopf. Also wir wissen im Prinzip, glaube ich, relativ genau, wie gut Schule funktionieren kann. Meine Frage an euch W Warum sind die Widerstände gegen eine strukturelle Weiterentwicklung unserer Schulen zu guten Schulen so stark. Und was müssen wir tun, um dir beiseite zu räumen?
01:06:46: Julia Da möchte ich noch mal aus dem Bildungsbüro ein bisschen den Ansatz sagen. Wir sprechen immer, wir brauchen eine Verantwortungsgemeinschaft, wenn wir die Schullandschaft weiterentwickeln, entwickeln müssen. Und auch da sind es die Übergänge zwischen den einzelnen Institutionen. Also die Schulgemeinschaft ist natürlich die Schule vor Ort mit den Schülern, den Lehrkräften, den Hausmeistern, Sekretariaten, Schulsozialarbeitern, E Helfern, wer heute alles an den Schulen ist, den Schulpsychologinnen, Psychologen. Ich habe bestimmt ganz viele Berufsgruppen vergessen. Also die große Schulgemeinschaft vor Ort, das ist die Schulaufsicht natürlich, das sind aber auch die Schulträger, die ja auch Gebäudeausstattung stellen, das einen großen Einfluss darauf hat, wie fühle ich mich dort, wie ist das? Und wir müssen alle miteinander ins Gespräch kommen, alle Beteiligten in der Schule, am Thema Schule, am Bildungsort Schule und in einer Gemeinschaft, die Verantwortung trägt, gemeinsam die besten Entscheidungswege finden, treffen, suchen, uns auf den Weg machen.
01:07:45: Corinna Suki, magst du als Nächste?
01:07:48: Suki Ja, also ich finde, es ist ein ganz wichtiger Punkt, dass man offener wird für Veränderungen und nicht immer in seinem alten Bild sozusagen verankert bleibt, weil es muss sich vieles verändern. Und ich glaube, das wissen die meisten auch, aber manchmal wollen Leute das dann nicht so. Und das ist halt das, was vieles blockiert. Aber dass halt Schüler mehr eingebracht werden, Schüler mehr zusammen bestimmen dürfen, wie etwas weitergehen soll oder wie etwas besser laufen kann, ist halt wichtig, weil die Schüler sind halt nun mal die Schule sozusagen wegen den Schülern gibt es die Schule, weil Kinder halt etwas lernen sollen. Aber dadurch, dass die Schüler da so reingesteckt werden, also es gibt ja eine Schulpflicht, du musst ja die Schule machen, deswegen sollten die Schüler es auch so haben, dass sie sich da wohlfühlen und einfach einen Ort haben, wo sie etwas lernen können, aber trotzdem etwas über Demokratie oder was weiß ich was erfahren, dass sie einfach mehr eingebracht werden, als es jetzt gerade ist.
01:08:57: Corinna Also wenn es schon eine Zwangsveranstaltung ist, sollte es sich nicht so anfühlen. Und Lothar, was sind deine Gedanken?
01:09:10: Lothar Ich glaube, es gibt eine gesellschaftliche Dimension. Das heißt, wir haben einfach unterschiedliche Vorstellungen von dem Effekt oder von dem, was wir als Menschenbilder haben und dem Effekt, den Inklusion haben würde Ich glaube, das sind wirklich Fragen von Werten. Wie sollen unsere Güter verteilt werden? Gibt es sowas wie Kompensation, wie Chancengerechtigkeit, die dann eben auch hergestellt werden müsste? Und was ist uns das wert? Das ist eine gesellschaftliche Komponente und wir sind auch alle in Gesellschaften sozialisiert, die genau diese, dieses selektive Prinzip ja erstmal entwickelt haben. Du, Alf, ich und wir alle kennen das ja gar nicht anders, als dass wir ein System haben, wo die Gesamtschulen immer oder meistens neben den mehrgrilligen Schulen sind, was diesen Creaming Effekt auch fördert, dass diejenigen, die versuchen, Eltern von besserbegabten Kindern in Anführungsstrichen versuchen, es ans Gymnasium zu bringen etc. Was zu Lasten der IGS geht. Das ist ein Punkt. Der andere Punkt ist halt der finanzielle. Und da glaube ich, wird zu wenig gesehen. Es könnte sein, dass durch Inklusionskräfte, durch multiprofessionelle Teams etc. Im Kontext von Inklusion Personalkosten erst steigen. Würden. Und es gibt aber einige Berechnungen, die mittelfristig den volkswirtschaftlichen Nutzen des Hebens der Begabungs Reserven sozusagen gegen rechts. Du redest total komisch, aber ich glaube, du hast recht. Das ist nett. Das ist meine Form der Andersartigkeit. Also genau, letzten Endes könnte sich auch finanziell rechnen und vielleicht wird dieses Risiko zu ungern eingegangen.
01:10:53: Alf Also ich finde, das ist jetzt richtig rund geworden. Und letztendlich wollen wir alle das Gleiche. Wir wollen einfach leben.
01:11:01: Corinna Einfach leben. Wir sind am Ende angekommen und bedanken uns bei euch, bei unseren Gästen und bei denjenigen, die diesen Podcast angehört haben und die hoffentlich den Link auch weiter verschicken. Und haltet die Ohren steif, einfach leben.
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