Einfach leben – Ausgabe 2: Migration - Und es kamen Menschen

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Herzlich willkommen zu unserer zweiten Ausgabe von Einfach Leben, dem Podcast aus Trier. Wir versuchen mit diesem Podcast auf einfache, verständliche Art die große Politik aus Bund, Europa und der Welt herunterzubrechen auf die Situation hier in Trier und in der Großregion. Ich bin Corinna Rüffer, Bundestagsabgeordnete aus Trier und das ist...

Also ich bin der Alf Keilen. Ich bin Trierer. Ich bin selbstständig, ziemlich alt und bin froh und glücklich, dass ich an dieser wunderbaren Sendung hier mitmache.

Einen möchte ich jetzt ganz besonders danken, ohne den diese Ausgabe überhaupt gar nicht möglich gewesen wäre. Das ist Thomas Schneider, der für uns hier im Ehrenamt die Technik macht. Du bist großartig. Vielen Dank.

Ja, danke, Corinna. Dann bin ich ja wohl dran und ich freue mich, dass wir heute mal ein Thema haben, was weit über unsere Stadt hinaus in ganz Deutschland große Beachtung findet. Wir sprechen über Migration. Migration im weitesten Sinne betrifft uns jeden Tag überall. Wir gehen in keine Gaststätte rein, wir steigen in keinen Bus, wir steigen in, wir gehen in keine Notambulanz, ohne dass uns Menschen treffen, die nicht in Trier oder in der Umgebung geboren sind, sondern woanders.

Ja, aber die Diskussion ist ja nun in letzter Zeit ziemlich aus dem Ruder gelaufen. Also man gewinnt den Eindruck, dass wir mit der Migration gar nicht mehr zurechtkommen. Es wird alles Mögliche miteinander vermischt. Die Flucht mit der Arbeitsmigration. Es wird wenig darüber geredet, dass wir einen unheimlichen Fachkräfte- und Arbeitskräftebedarf haben. Vielleicht, Alf, kannst du mal was dazu sagen? Woran liegt das denn eigentlich?

Ja, woran liegt das? Das liegt natürlich auch daran, dass wir uns seit vielen, vielen Jahren, genauer gesagt seit mehr als 50 Jahren in Deutschland nicht mehr vermehren. Wir haben in Deutschland ein kolossales demografisches Problem. Nur mal ein paar Zahlen dazu. In Deutschland leben mittlerweile oder andersherum. In Deutschland sind mittlerweile 20 Millionen Geburten ausgefallen. 20 Millionen stellen wir sich mal vor. Was es heißt, 20 Millionen nicht geborene Kinder, das wäre eine kleine Menge. Man wird es ja nicht sehen. Sie sind einfach nicht geboren worden. Und das ist das, was wir heute jeden Tag merken. Wir sehen, es fehlen überall Leute. Plötzlich fehlen überall Leute. Nur die sind nie da gewesen. Sie können nicht fehlen, wenn sie nicht da gewesen sind. Und sie werden seit vielen, vielen Jahren aufgefangen dadurch, dass Menschen zu uns ziehen. Seit den 50er Jahren sind mehr als 23 Millionen Menschen in Deutschland zugezogen oder aber haben Eltern, die nach Trier oder nach Deutschland zugezogen sind. Diese Menge ist unglaublich groß. Dazu oder in dieser Menge sind noch 13 Millionen Ausländer, die keinen deutschen Pass haben. Also haben 10 Millionen Migranten schon einen deutschen Pass. Vielleicht Corinna, in den 50er Jahren, in denen ich geboren bin, kamen in Deutschland jedes Jahr 1,2 Millionen Kinder auf die Welt.

Was willst du damit jetzt sagen?

Ich will damit sagen, damit haben wir unsere Fachkräfte Probleme weitgehend selbst lösen können. Und in den 60er Jahren ging das los, dass die Kontrazeptiva, kann man ja wirklich in dem Fall mal sagen, gegriffen haben. Und die Leute haben die, das generative Verhalten gelebt, was sie eigentlich hätten leben können, wenn es die Pille schon vorher gegeben hätte. Sind wir doch mal ehrlich. Und plötzlich fehlten uns jedes Jahr 400.000 Kinder. Und diese Gruppe, die nie existiert hat, die fehlt. Und die wird ausgeglichen zuerst durch die Italiener. Die kamen in den 50ern schon. In den 60ern kamen die Jugoslawen, die Griechen, wenige Spanier. Und seit den 60er, späten 60er, Anfang der 70er, kommen die Türken. Wir haben also eine große, große Menge Gastarbeiter aufgenommen. Gastarbeiter, allein schon dieser Begriff, der sagt ja nichts anderes aus. Die wollen wir ja schnell wieder los werden. Aber wie sagte Max Frisch schon, Corinna, mir fällt das natürlich mal wieder nicht ein.

Na ja, wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen.

Na, dann sieht man mal wieder, wer klug ist und wer dumm ist. Also Max Frisch hat das schon sehr früh erkannt. Das war Mitte der 60er Jahre und das Problem begleitet uns bis heute.

Das ist richtig. Aber was du jetzt im Kern gesagt hast, ist ja, dass uns heute jährlich 400.000 Menschen fehlen, die eigentlich zuwandern müssten. Das sagen eigentlich alle Zahlen, die wir kennen. Wir bräuchten eine Netto-Zuwanderung von 400.000 Menschen im Jahr. Die erreichen... Die erreichen wir aber nicht, oder?

Die erreichen wir eigentlich mit wenigen Ausnahmen, mit wenigen Peaks. Eines davon war das Jahr, in dem unser Gast, der hier uns gegenübersitzt, nach Trier oder nach Deutschland gekommen ist. Das war das Jahr 2015. Allen noch im Ohr durch den berühmten Satz der damaligen Kanzlerin. Wir schaffen das. Haben wir es wirklich geschafft? Wir haben in Deutschland nach wie vor das Problem, dass wir alles durcheinander werfen. Corinna hat es ganz am Anfang schon gesagt und ziemlich pointiert gesagt. Es gibt die unterschiedlichsten Gruppen von Zuwanderern und das wird alles wie Kraut und Rüben durcheinandergeworfen. Wir brauchen Fachkräfte, die zuziehen, die sind auch beliebt, die will man haben, aber sind nicht diejenigen, die mehr oder weniger als Treibgut nach Deutschland gekommen sind, genauso wichtig oder vielleicht sogar noch wichtiger, denn die sind ja mit aller Kraft hierhin gekommen. Die mussten wir nicht mühsam einsammeln gehen, sondern die sind von selbst freiwillig und ohne Hilfe hierüber gekommen. Also ist die Unterscheidung zwischen leg... Kann man das wirklich sagen? Illegalen Migranten?

Nein.

Das ist ein ganz fürchterlicher Begriff.

Nein, das ist ein Ausdruck dessen, dass diese Diskussion fürchterlich aus dem Ruder gelaufen ist. All diese Leute, die vor Krieg geflohen sind, die aus welchen Gründen auch immer hier bleiben wollen, einen Asylantrag gestellt haben, das sind Leute, die ein Recht darauf haben. Wir haben immer einen Grundgesetz. Wir haben den Artikel 16. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, in diesem Land seinen Asylantrag prüfen zu lassen. Und jetzt zu sagen, dass die Leute, die das tun, plötzlich illegaler sein oder irregulärer, das ist sozusagen Ausdruck des Verfalls in dieser Debatte, anstatt sich mal näher anzuschauen, was die Leute denn hier einbringen können in diesem Land. Die kommen ja hierher, hier heimisch zu werden und das, was sie an Ressourcen mitbringen, hier auch einzusetzen. Und ich glaube, da muss man wieder sauber werden in der Diskussion an der Stelle.

Das finde ich auch. Und wir haben da einen wunderbaren kleinen Einspieler von der Veronica Zenglein, eine Betriebsleiterin eines mittelständischen Verkehrsunternehmens aus der Region. Die kann dazu vielleicht mal ein paar Takte sagen, welche Bedeutung Zuwanderung auch in der heimischen mittelständischen Wirtschaft für uns hat.

Mein Name ist Veroinika Zenglein. Ich sitze hier für ein Verkehrsunternehmen aus der Region Mosel. Wir haben circa hunderte Mitarbeiter. Von den 100 Mitarbeitern sind weit über 40, fast 50 mit Migrationshintergrund. Wir haben insgesamt 17 Nationen, die bei uns arbeiten. Das geht quer durch Europa und bis nach Indien und Afrika inzwischen. Eine bunte Truppe mit vielen Aufgaben, die damit auch verbunden sind, aber auch mit viel Freude in der Zusammenarbeit. Integration ist immer wieder eine Aufgabe, die wir erfüllen müssen. Aber wir haben da auch tolle Erfolge erzielt. Wenn man sieht, wie Mitarbeiter vor sechs, sieben Jahren nach Deutschland kamen und kein Wort Deutsch sprachen und inzwischen schon an ihrer Einbürgerung arbeiten, dann ist das ein toller Erfolg, finde ich. Und wenn wir diese vielen, vielen Mitarbeiter nicht hätten, dann würde wahrscheinlich bei uns jeder zweite Bus stehen bleiben und nicht mehr fahren. Und wir würden die Schüler nicht in die Schule bringen und die Pendler nicht zur Arbeit bringen. Und von daher brauchen wir die Kollegen und sind froh, dass sie da sind.

Ja, wir haben das gehört. Veronica Zenglein benötigt die Zuwanderer ganz, ganz dringend. Und das macht sich in der heimischen Wirtschaft nicht nur im öffentlichen Personennahverkehr bemerkbar, sondern in fast allen Branchen, die wir kennen. Und das hat sich auch in den letzten Jahren entsprechend entwickelt. Wir haben heute rund 2.800 Syrerinnen und Syrer in Trier. Das war 2010 völlig unbedeutend. Es gab quasi keine Syrer oder Syrerinnen in Trier. Wir wissen also, wie die nach Trier gekommen sind. Und ganz viele sind schon sehr, sehr weit integriert und haben tolle Jobs und haben sich in der Bevölkerung einen Namen gemacht. Nicht nur Lokale, die in Trier sind. Es gibt Gaststätten, es gibt Cafés, die syrisch betrieben werden. Also es hat eine große Bereicherung für unsere Gesellschaft gebracht. Vielleicht noch ganz am Rande. Neben der syrischen Gruppe sind natürlich heute die Ukrainerinnen und Ukrainer eine sehr große Gruppe in Trier geworden. Alle anderen ausländischen Zuzüge, sind überschaubarer. Also die beiden sind mit Abstand die größten Gruppen bei uns. Und vielleicht sollten wir darüber noch ein bisschen sprechen, Corinna.

Ja, sicher. Es sind die größten Gruppen, Syrer*innen und Ukrainer*innen. Dann sind aber auch ganz viele, und wenn man das in Summe zählt, wir sind schon eine sehr vielfältige Stadt. Also wir haben Afghanen, wir haben Leute aus Russland, aus Rumänien, aus Polen, aus Luxemburg natürlich.

Natürlich auch aus Luxemburg.

Natürlich auch aus Luxemburg. Also wir haben viele Leute, die aus der Europäischen Union kommen. Aber ganz insgesamt kann man sagen, dass Syrerinnen total prägend sind, gewesen sind in den letzten Jahren. Da sind unheimlich viele Leute dabei, die die Stadt verändert haben, kulturell bereichert haben. Das gilt genauso für die Ukrainerinnen. Und ich glaube, man kann ja so insgesamt sagen, dass Städte, dass Gesellschaften total davon profitieren, wenn sich was verändert, wenn Leute dazu kommen, wenn neue Ideen kommen. Stillstand ist für Gesellschaften eigentlich nie das, was man, was man haben möchte. Und ich glaube, wenn man hier in der Stadt Trier mal ein bisschen rumfragen würde, dann hätte man eine erstaunlich positive Resonanz, was die Frage angeht, was wäre denn mit unserer Gastronomie hier? Was wäre mit unserem kulturellen Leben in der Stadt? Aber ganz ehrlich, wenn wir über Demografie reden, dann reden wir natürlich über den Gesundheitsbereich, dann reden wir über die Pflege. Und ich bin ja ganz viel unterwegs im Unternehmerbereich, bei den mittelständischen kleineren Unternehmen, bei den wesentlichen Arbeitgebern in der Stadt. Und alle sagen, wir könnten gar nicht existieren. Also wir hatten ein riesen Problem, wenn wir diese ganzen Leute nicht bei uns beschäftigen könnten.

Und ich finde, wir Monika hat das sehr prägend gesagt. Also jeder zweite Bus würde hier stillstehen, wenn wir auf diese Menschen nicht zurückgreifen könnten. Das gilt ja auch für die Stadtwerke, oder nicht? Alf, da kennst du dich doch gut aus.

Bei den Stadtwerken sieht es sogar so aus, dass bei den 200 Beschäftigten der Stadtwerke mehr als die Hälfte der Fahrerinnen und Fahrer, also der Verkehrsbetriebe, es sind nicht die ganzen Stadtwerke, der Verkehrsbetriebe, nicht in Deutschland geboren sind. Also mehr als die Hälfte sind nicht in Deutschland geboren. Und ich habe gerade so am Rande erfahren und das finde ich sehr lustig, dass die Busfahrerinnen und Busfahrer freundlicher geworden sind. Sie sind freundlicher geworden. Früher hatte es so den Anschein, als müsste ein Busfahrer oder eine Busfahrerin, die gab es gar nicht, gab ja gar keine Busfahrerinnen. Aber die Busfahrer, die alten weißen Dickbäuchigen Busfahrer, die es früher gab, die waren völlig unfreundlich. Das war ein Alptraum mit dem Bus zu fahren. Das hat sich ganz massiv verbessert. Also das haben wir denen zu verdanken, die zu uns zugezogen sind mit einer anderen neuen Kultur auch in diesem Bereich.

Mein lieber Alf, aber wir wollen keine Altersdiskriminierung betreiben. Das hört sich ja geradezu so an, als hättest du was gegen sind ja alte weiße Männer mit dicken Bäuchchen.

Ich darf das sagen. Ich habe zwar keinen so ganz dicken Bauch, aber ich bin selbst ein alter weißer Mann und der darf das. Der darf das. Der darf auch einfach mal Kritik in der eigenen Horde loswerden. Ja, aber vielleicht sollte man mal jemanden ins Gespräch bringen, der sich da wirklich gut auskennt.

Ich würde jetzt noch einmal ein Beispiel wählen, damit unsere Zuhörerinnen mal so einen Eindruck vermittelt bekommen. Wer sind denn eigentlich die Leute, über die wir reden? Diese Migranten, die in Deutschland arbeiten. Und wir haben mit einer ganz spannenden Person geredet, das ist der Samy El Haramein. Und ich würde sagen, wir hören uns mal an, was er uns zu sagen hat.

Ja, ich bin der Samy. Ich bin in Trier seit eineinhalb jahren jetzt. Ich bin ein Data Engineer, arbeite bei RTL in Köln. Meistens von Homeoffice. Ich bin erst mal nach Fulda gekommen und dann habe ich dort meinen Master gemacht. Dann habe ich in Frankfurt gearbeitet und dann in Ravensburg auch. Gearbeitet und gewohnt. Jetzt in Trier. Also ich arbeite meistens von zu Hause. Um ein bisschen in Trier zu integrieren, habe ich zum beispiel. Eine ehrenamtliche Stelle gefunden in einem Tierheim. Deswegen bin ich jetzt mehr in Kontakt mit verschiedene Leute, die aus Trier kommen.

Genau. Ich glaube, dass der Sami eine ganz typische Biografie hat. Jemand, der hier studiert hat, einen hohen Bildungsabschluss erworben hat, hier eine Arbeit aufgenommen hat. Und in seinem Fall ist es ja so, dass er eigentlich in Köln beschäftigt ist, bei RTL, aber in Trier lebt. Und das natürlich stelle ich mir nicht so einfach vor, hier wirklich Fuß zu fassen, einen Freundeskreis zu bilden. Und auch dazu haben wir den Samy befragt. Vielleicht können wir uns das gerade noch mal anhören.

Ich wohne in einer Genossenschaft in Trier-Nord. Zusammen mit meiner Freundin und das ist ein tolles Projekt. Wir haben sehr gute Kontakt mit unseren Nachbarn. Wir machen viele Sachen zusammen. Das Social Projekt hat uns eigentlich sehr geholfen, in Trier zu gehen.

Alf, ich glaube, wir müssten mal in der Genossenschaft in Trier-Nord vorbeischauen, oder? Das hört sich nach einem spannenden Projekt an.

Ich kenne es. Ich war schon da. Ich kenne das Projekt. Ich kenne den Ortsvorsteher, der genau in Also in dieser Genossenschaft lebt und der sich da sehr, sehr verdient macht. Also das ist der Dirk Löwe. Man darf den Namen ja nennen. Der Dirk Löwe ist doch weltberühmt.

Das darf man wohl sagen.

Der ist weit über die Grenzen.

Der Person des öffentlichen Lebens, das darf man sagen.

Genau. Also er macht da einen wunderbaren Job und die Genossenschaft macht das sehr gut. Also es ist eine sehr ansprechende Wohnanlage, in der ich mich sofort wohlfühlen würde.

Das ist eine inklusive Angelegenheit. Also es ist eine sehr bunte Veranstaltung der wohnenden Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Ich war vor vielen Jahren mal da. Viele Leute, die eine Migrationsgeschichte mitbringen und die keine Lust haben, in einer Stadt anonym vor sich hinzuleben, sondern die ihr Leben miteinander teilen möchten. Bei aller Privatsphäre, die natürlich jeder in seiner eigenen Wohneinheit dann auch noch hat. Aber ich glaube, davon bräuchten wir mehr. Und hätten wir mehr davon, glaube ich, gäbe es gesellschaftlich ehrlich gesagt auch weniger Konflikte.

Das sehe ich ganz genauso.

Ja, mir gegenüber sitzt der Shekho Usso. Ich kenne ihn schon seit vielen Jahren eigentlich. Er ist mir immer wieder über den Weg gelaufen und wir haben auch das eine oder andere zusammen gemacht. Er ist ein sehr netter, angenehmer und ja nicht mehr aus dem Leben vieler herauszudenkender junger Mann.

Man kann auch sagen junger Mann. Er ist noch ein junger Mann und er ist schon sehr lange in Trier, ist schon acht Jahre in Trier, das ist schon acht Jahre her und er hat in Trier wirklich Beispielhaftes geleistet. Ich bin also wirklich sehr glücklich und sehr froh, dass wir ihn für diesen Podcast gewinnen konnten. Und der Shekho Usso sagt am besten mal so ein paar Dinge über sich selbst. Oder willst du noch vorher was sagen?

Ich würde gerade die Hardfacts vielleicht noch mal darstellen. Du bist.. Wir duzen uns? Genau. Wir haben uns ja alle schon häufiger mal gesehen, wie das in einer Stadt wie Trier so oft der Fall ist. Du bist 2015 aus Syrien gekommen. Ich glaube, es macht Sinn, gleich echt noch mal über deine Geschichte zu reden, ja, zu hören, wie du hierher gekommen bist. Aber jetzt erst mal zu den zu den Rahmenbedingungen. Du hast ziemlich schnell hier einen Aufenthalt bekommen, weil du ja aus ganz, ganz nachvollziehbaren Gründen vor diesem Bürgerkrieg in Syrien geflohen bist mit deiner Familie. Du hast direkt eigentlich angefangen, dich ehrenamtlich zu engagieren in der Aufnahmeeinrichtung als Übersetzer. Du hast jahrelang beim Kinderschutzbund gearbeitet. Du berätst im Rahmen der Refugee Law Klinik, über die wir vielleicht gleich noch mal reden, wo kostenlos die Leute eine Rechtsberatung bekommen. Da bist du engagiert. Seit 2020 bist du bei der Caritas und machst eine Beratung zu Asyl und Aufenthalt. Und ich glaube, du warst sogar beim Bundespräsidenten in Berlin eingeladen. Also du bist ein wichtiger Mensch. Eine Ehre, dass du da bist. Und ja, ich freue mich, dass wir miteinander ins Gespräch kommen können. Und ich glaube, so ein Gefühl zu bekommen.

Man hat ja heutzutage echt so den Eindruck, dass die Leute denken, man kommt halt mal aus Syrien oder aus der Ukraine oder aus Afghanistan oder so, weil man Lust darauf hat, weil man denkt, hier ist so eine coole Stadt, hier würde ich gerne mal leben und studieren und so. Und was war der eigentliche Grund? Was hat dich nach Deutschland gebracht?

„Ich bin in Deutschland. Der war ja vor mir, viele Jahre vor mir hier in Deutschland, und hat gesagt: „Super. Mensch, du nimmst den nächsten Ticket und kommst nach Trier." Der ist nämlich hier schon seit vielen Jahren und inzwischen auch eingebürgert und lebt hier mit seinen Kindern. Ich habe gedacht: „Okay, mein Cousin ist da, da gehe ich mal dahin. Da bin ich in Trier angekommen und habe tatsächlich schnell mein Asylverfahren hinter mir.

Ich bin in der Erstaufnahmeinrichtung untergekommen, habe Asyl beantragt, habe dann da ziemlich schnell meinen Aufenthalt bekommen, weil das war ja problemlos, weil man wusste, in Syrien ist ein Krieg, sei es jetzt mal persönlich verfolgt, sei es aufgrund des Krieges sozusagen. Jedenfalls war die Aufenthaltssicherung ziemlich schnell. Und ich habe dann halt ein paar Ehrenamtler kennengelernt aus der Stadt Trier. Das waren wirklich super engagierte Menschen. Und dadurch habe ich tatsächlich die Familie Keilen kennengelernt, durch die anderen und dann die Eltern Keilen. Und seitdem machen wir schon einiges zusammen und das sind halt... Die sind Teil der Familie geworden. Jedenfalls bin ich dann halt hier geblieben, weil die Menschen gesagt haben, wir brauchen Shekho, der für uns übersetzt wurde. Ich hatte damals Kurdisch, Englisch, Arabisch sowieso und dann halt Türkisch, war mein Türkisch noch besser. Und da habe ich dann ins Englische übersetzt für die Deutschen dann könnten sie auch nachvollziehen, was die Menschen brauchen. Und insofern hat man gesagt okay, toll, wir brauchen den hier. Und ich bin dann dadurch hier geblieben.

Ja, das klingt also alles sehr gut. Vor allen Dingen, ich hätte gerne noch einmal so in Erfahrung gebracht, wie dieser Weg war von Syrien hierhin. Ich meine, du hast jetzt wunderbar erzählt, wie du in Trier angekommen bist, aber das war das Ende der Flucht. Vielleicht kannst du ein paar Dinge über die Flucht selbst sagen, weil ich denke, dass die Hörer das auch gerne hören würden.

"Okay, ich kann hier nicht mehr bleiben." Wir waren halt zwölf Personen von der Uni haben wir uns gekannt und sieben von denen wurden dann inhaftiert. Das war halt einfach der Punkt, wo ich gedacht habe: "okay, ich kann hier nicht bleiben" weil ich weiß, wenn dieser Regime mich auch erwischt, dann bin ich eine Geschichte und dadurch bin ich raus.

Was mich interessieren würde in dem Zusammenhang, ich erinnere mich noch gut an den Beginn des arabischen Frühlings, wo man ja so eine riesen Hoffnung hatte, dass eine Demokratisierungswelle über viele Länder, also auch über über Syrien hinwegzieht, die jungen Leute aufstehen und sagen, wir wollen ein anderes Land, wir wollen Reformen. An welcher Stelle ist das schiefgegangen aus deiner Sicht?

Also es gab schon ein paar Monate, wo man auch Hoffnungen gesehen hatte, tatsächlich zumindest mal in Syrien. In den anderen Ländern ist es noch komplizierter geworden. Aber wenn wir von Syrien sprechen, haben wir schon die ersten Monate gesehen, dass da Studierende, Professoren, Ärzte, also normale, einfach Arbeiter, wenn man das so sagen darf, waren alle auf der Straße, vor allem aber akademische Menschen, die konkret gesagt haben, wir brauchen das und das und das. Also es war nicht einfach irgendwie ein bewaffneter Konflikt oder so was. Nein, es waren wirklich Menschen, die gesagt haben, wir brauchen einfach eine bessere Lebensbedingungen, wir brauchen Demokratie, wir brauchen dieses Regime nicht, die eigentlich im Grunde seit den 1973er so eine Art militärische Herrschung, also der herrscht durch Macht, durch Gewalt. Und das wollten sie nicht und deswegen sind die auf die Straße. Ziemlich schnell hat der Diktator festgestellt, dass das ziemlich ernst ist und das ist nicht mehr eine kurze Geschichte wie in ... , wo mit ein paar Kinder angefangen hatte. Wir mussten feststellen, dass sie tatsächlich Gefangene rausgelassen haben, dass sie extra Gruppen, Gruppen zwischen der Bevölkerung rausgelassen haben, die zu Unruhe sorgen sollten, die quasi stiften sollten. Wir haben auf einmal an der Universität, wo wir demonstriert haben, wir haben halt Menschen gesehen, wo wir wussten, okay, der gehört nicht zur Uni. Und die Uni ist eigentlich, man hat ja Security draußen, wie kamen die raus? Wie kamen die zu euch rein? Die dann Probleme bereitet haben und wir wussten, die wollten das nicht. Die wollten nicht, dass Menschen schreien, wir wollen Demokratie, wir wollen besseres Leben, wir wollen dieses Regime, dass es weg ist, Freiheit, das war dann klar ab diesem Zeitpunkt, wo quasi die Regime, also Regime und natürlich seine Macht und seine Geheimdienste, wo sie quasi andere Player ins Spiel gebracht haben, dass man behauptet, okay, wir kämpfen gegen Terroristen, gegen irgendwelche Islamisten, die auf einmal auftauchten. Das war schon klar. Die haben diese Menschen selbst rausgelassen. Die haben diese Menschen selbst ins Land gebracht, damit man quasi eine Karte hat. Wir haben nicht mit irgendwelchen Bevölkerung, die mehr Rechte wollen, sondern wir haben mit Terroristen und die wollen wir bekämpfen. Das war eigentlich so klar von Anfang, bis das irgendwann, wenn wir jetzt drüber sprechen, blicken wir nicht mehr, wer kämpft gegen wen? Klar, das war aber so gewollt.

Und vielleicht noch eine Frage zur politischen Einordnung aus unserer Perspektive. Hätte es irgendeine Möglichkeit gegeben, vonseiten der westlichen Staaten, der NATO Staaten diese Revolution anders zu unterstützen? Wäre das der Wunsch gewesen der Menschen in Syrien?

"Komm, lass mal gucken, wie die Situation sich entwickelt. Wir lassen die einfach erst mal so." Der hat einfach bombardiert, ohne dass sie irgendwelche Macht sagt: „Okay, das geht gar nicht. Man hat dann irgendwann später, es kamen UN Gruppen dann rein. Das war alles aber später. Und machen wir uns nichts vor. Alle wussten, mit wem sie zu tun haben. Assad, die Macht hatte von seinem Vater übernommen. Es war ein Diktator und er ist immer noch. Und die Bevölkerung leidete unter Bombardierungen und man hatte ja nicht mehr zu essen. Man hatte nur Elend erlebt und die ganze Welt schaut einfach zu. Und wenn wir jetzt schauen, im Grunde, selbst jetzt finanzieren wir diesen Diktator aus Deutschland auch nicht nur von... Also wir schauen einfach, was bei uns hier abläuft. Wir finanzieren den immer noch von heute noch aus Deutschland mit Geld. Die Wege sind ja klar, wie man das macht. Insofern ja, man hätte es definitiv anders machen können. Die Bevölkerung, die Syrer haben gedacht okay, wenn wir auch auf die Straße gehen und dann dafür dafür kämpfen, dass wir Demokratie in der Region haben, dass wir Demokratie in Syrien haben, dass die anderen Ländern auch schauen, das ist eine Bevölkerung, die wollen einfach Demokratie, die wollen ein besseres Leben, die wollen einen Diktator, der weg sein soll eigentlich wechseln. Und das wollen wir unterstützen. Und nicht, dass wir erst mal warten, wie weit geht ihr Assad? Was macht ihr dann? Ich glaube, das ist einfach große, große... Es ist ein großes Spiel geworden, wo man wusste, die Türkei hat ihre Rolle. Also ja, die Menschen sind auf jeden Fall sehr enttäuscht. Das muss man sagen.

Ich würde gerne mal fragen. Du hattest am Anfang gesagt, dass Trier jetzt deine Heimat ist. Wann ist Trier zur Heimat geworden und bedeutet das, dass Syrien nicht mehr deine Heimat ist?

Okay, ich komme jetzt in Trier zurück, ich bin dann zu Hause. Und das war so immer wieder ein Gefühl, was ich erlebt habe. Immer wenn ich Einsätze außerhalb Trier hatte, es war sozusagen Arbeit. Ich musste hin. Und erst dann, wenn ich in Trier zurück war, habe ich gedacht Okay, jetzt kann ich atmen. Und insofern war es für mich dann doch ein Zuhause. Syrien. Syrien ist eine Wunde im Herzen, muss man sagen. Das ist Heimat natürlich. Das bleibt auch. Ich glaube nicht, dass es einen Weg für mich nach Syrien gibt. Zumindest mal auf keinen Fall, solange dieser Diktator da ist. Und insofern bleibt Heimat. Ja, Erinnerungen. Das ist einfach... Das ist einfach ein Herzbruch, aufgrund von Syrien weg zu sein. Aber bleibt natürlich. Trier ist Heimat geworden. Alleppo und die Regierung, wo ich geboren bin, Afrin, das ist Heimat.

Ja, das klingt etwas wehmütig, aber ich freue mich natürlich, dass du gerne in Trier bleibst und in Trier bleiben willst.

Ich freue mich auch.

Dass ich hier bin. Ich hätte noch mal gerne von dir gewusst, wie weit ist es denn mit deiner Einbürgerung mittlerweile? Also, da ist ein langes und schwieriges Thema. Ich weiß das, aber vielleicht kannst du ganz einfach mal ein bisschen erzählen, welche Schwierigkeiten auf manche, ja, manche Ämter so mit sich bringen.

Ja, das ist echt ein heikles Thema. Also das ist das Ding. Ich höre schon seit den 90ern, dass die Bundesregierung quasi die Bürokratie bekämpfen möchte oder bzw. Die Bürokratie reduzieren möchte. Da habe ich schon an der Uni quasi gelernt, studiert. Mit der Einbürgerung. Das Problem ist, wir haben 2015/16 viele Menschen, die angekommen sind. Die Behörden haben dann eine Menge Papiere entgegengenommen. Das ist also ein Mensch, der ein Deutsch-Einkommen muss seine Dokumente abgeben. Das ist eine Pflicht. Das ist eine Pflicht. Paragraph 15 Asylgesetz ist das eine Pflicht. Ich muss meine Sachen abgeben. Ich bei mir eigentlich, man würde behaupten, für die Einbürgerung, das sollte eigentlich problemlos gehen. Also ich habe den Antrag vor zwei Jahren gestellt. Ich bin noch im Verfahren. Das Problem bei den Behörden ist, dass sie an meine Identität zweifeln, obwohl ich eigentlich zwei Studenten-Ausweise aus Alleppo habe. Ich habe einen Wehrdienst, ich habe ein Familienbuch, ich habe einen Ausweis, ich habe eine Menge Papiere, aber sie zweifeln an meiner Identität. Sie brauchen einen deutschen Pass, den ich nicht besaue. Einen deutschen Pass, sorry, einen syrischen Pass, den ich nicht besorgen kann, weil ich dadurch in die Botschaft gehen muss und das will ich nicht machen. Das mache ich nicht. Noch problematischer ist, und da hakt es tatsächlich, mein Ausweisdokument aus Syrien als ein Original-Dokument, habe ich abgegeben, der ist verloren gegangen.

Ja, das ist echt ein heikles Thema. Also das ist das Ding. Ich höre schon seit den 90ern, dass die Bundesregierung quasi die Bürokratie bekämpfen möchte oder bzw. Die Bürokratie reduzieren möchte. Da habe ich schon an der Uni quasi gelernt, studiert. Mit der Einbürgerung. Das Problem ist, wir haben 2015/16 viele Menschen, die angekommen sind. Die Behörden haben dann eine Menge Papiere entgegengenommen. Das ist also ein Mensch, der ein Deutsch-Einkommen muss seine Dokumente abgeben. Das ist eine Pflicht. Das ist eine Pflicht. Paragraph 15 Asylgesetz ist das eine Pflicht. Ich muss meine Sachen abgeben. Ich bei mir eigentlich, man würde behaupten, für die Einbürgerung, das sollte eigentlich problemlos gehen. Also ich habe den Antrag vor zwei Jahren gestellt. Ich bin noch im Verfahren. Das Problem bei den Behörden ist, dass sie an meine Identität zweifeln, obwohl ich eigentlich zwei Studenten-Ausweise aus Alleppo habe. Ich habe einen Wehrdienst, ich habe ein Familienbuch, ich habe einen Ausweis, ich habe eine Menge Papiere, aber sie zweifeln an meiner Identität. Sie brauchen einen deutschen Pass, den ich nicht besaue. Einen deutschen Pass, sorry, einen syrischen Pass, den ich nicht besorgen kann, weil ich dadurch in die Botschaft gehen muss und das will ich nicht machen. Das mache ich nicht. Noch problematischer ist, und da hakt es tatsächlich, mein Ausweisdokument aus Syrien als ein Original-Dokument, habe ich abgegeben, der ist verloren gegangen.

Der ist in Deutschland,

in Deutschland?

In Deutschland, in Trier, in Trier. Also ich habe das abgegeben, das Bundesamt für Migration Flüchtlinge bestätigt und beweist mit Papieren und nachweist, dass sie das an die Stadtverwaltung an die Ausländerbehörde geschickt haben. Diesen Dokument habe ich quasi, also Nachweis, dass sie das geschickt haben. Die Stadtverwaltung und die Ausländerbehörde sagt, wir haben es nicht. Insofern bin ich quasi so wie ein Ping-Pong-Ball.

Zwischen Baum und Bork.

Ja, und die eine Behörde sagt, wir haben es an die Verwaltung geschickt, die andere Behörde sagt, wir haben es nicht bekommen. Und dadurch, dass dieses Dokument verloren ging, zweifeln sie an meine Identität. Und die anderen Dokumente, die sechs, sieben Dokumente, die original sind eigentlich, habe ich eingereicht. Die können alle auf Echtheit überprüft werden. Also insofern finde ich es einfach sehr bedauerlich, dass sie glauben, dass ich eine Identität Täuschung vornehme. Aber das ist das Problem. Und ich bin seit zwei Jahren im Prozess, im Verfahren.

Das ist nicht zu fassen, ne?

Das ist nicht zu fassen. Und wir hören in den Medien ja immer wieder und da kommen Leute und wir können deren Identität nicht klären und so. Und wenn man dann so ein Beispiel hört und zur Kenntnis nimmt, wie so etwas zustande kommen kann, ja ohne dein Verschulden. Und ehrlich gesagt kann ich sagen, ich bin Mitglied im Petitionsausschuss und hier als Abgeordnete in der Region natürlich auch ansprechbar. Das ist kein Einzelfall und zeigt, wie schlecht ehrlich gesagt unsere Verwaltungen aufgestellt sind. Und das macht ja was mit einem. Also oder nicht? Wie fühlt man sich dann?

„Also Mensch, du zweifelst nicht an die Identität eines Menschen, weil der keinen Pass hat. Also wenn ich jetzt deinen Personalausweis sehe oder sonstige Führerschein, wenn ich deinen Führerschein sehe, dann steht „Deutsch, dann glaube ich, das ist Deutsch. Bei den Ausländern ist es anders. Also es ist einfach so unglaublich.

So, und wenn man sich dann überlegt, dass wir auf der anderen Seite unendlich viele Migranten benötigen, wirklich dringend brauchen, weil uns überall riesige Löcher in allen Arbeitsbereichen entstanden sind. Und dann wirft man diese Steine in den Weg. Oder besser gesagt, man baut Hürden auf, die eigentlich völlig sinnfrei sind. Dann, ja, Corinna, du bist doch ganz nah am Geschehen. Was meinst du denn, was man da so tun kann?

Also du hast ja vorhin schon mal gesagt, es wird seit Ewigkeiten darüber geredet, dass man das System entbürokratisieren muss. Und davon gehen wir auch fester aus. Ich glaube, dass man an ganz vielen Stellen die Regeln vereinfachen kann, dass man viel über die Digitalisierung schaffen kann und so weiter. Also nehmen wir allein dieses Beispiel Einbürgerung hier in Trier. Ich mache es mal an einem Einzelfall deutlich, der aber kein Einzelfall ist. Also wir haben es mit jemandem zu tun, der übrigens auch einen syrischen Hintergrund hat, der eine feste Beschäftigung hat als Ingenieur seit Jahren in Deutschland, der alle Voraussetzungen erfüllt, sich hier einbürgern zu lassen, der probiert das seit Ewigkeiten, also dessen Papiere liegen vor und so weiter, ist ein bisschen anders gelagert. Aber man hat ihm gesagt, du kannst in frühestens sechs Monaten damit rechnen, dass wir dir einen Termin in Aussicht stellen, wo du den Antrag auf Einwirkung stellen kannst. Also nicht etwa, wo der Prozess abgeschlossen ist, sondern dann denken wir mal darüber nach, wann wir dir einen Termin geben können, wann du diesen Antrag stellen kannst. Und auch das, das ist so ein gestandener Typ auch, der ganz viel in diese Gesellschaft einbringt und der sagt, ich fühl mich gedemütigt, ich fühl mich nicht gewertschätzt. Und ehrlich gesagt, es gibt Untersuchungen mittlerweile, die sagen, dass unter 52 Staaten, glaube ich, Deutschland an der 48. Stelle liegt, was diese Frage angeht, der Wertschätzung, wie gut fühlen sich Menschen behandelt und so. Das hat zum Teil was mit der Verwaltung zu tun, aber nicht nur. Wir werden gleich bestimmt auch darüber reden, wie sich die gesellschaftliche Stimmung hier verändert hat. Aber das kostet natürlich auch alles Geld. Also wenn man Bürokratie anpasst, umstellt. Wir brauchen in der öffentlichen Verwaltung einfach auch mehr Mitarbeitende. Also da kann man unseren Oberbürgermeister Herrn Bleibe mal fragen, der sagt, wir würden das alles gerne viel, viel besser machen, aber dafür brauche ich das Personal, dann muss das im Haushalt abgebildet werden. Gleichzeitig kommt das Land und sagt, die Stadt Kier ist hoch verschuldet. Wir genehmigen einfach diesen Haushalt nicht. Das zeigt, in welchen Zwängen hier alle Akteure sich befinden, die ja aber sehen, dass es eine Notwendigkeit gibt, hier Lösungen zu schaffen, weil wir wie gesagt euch brauchen. Ja, also nicht nur, weil ihr Arbeitskräfte seid, sondern gerade in deinem Fall, du arbeitest seit Jahren ehrenamtlich in dieser Stadt, unterstützt Menschen, bist ein ganz wertvoller Teil dieser dieser Stadt und wir schaffen es nicht, dir diese einfachen bürokratischen Hürden abzubauen. So, und das ist zum Teil, also steht da auch der Bund in der Verantwortung. Wir haben ja ein paar Gesetze auf den Weg gebracht in den letzten Monaten, das Fachkräftezuwanderungsgesetz, wo ich tatsächlich wirklich Hoffnung habe, dass es da zu Verbesserungen kommt, aber gerade mit Blick natürlich auf zugewanderte Fachkräfte. Also das Gesetz gibt es seit 2020. Man hat jetzt noch mal die Gehaltsschwellen abgesenkt. Man hat versucht, es zu flexibilisieren. Man hat ein Punktesystem eingeführt, man versucht es den Familien zu erleichtern, dazu zu kommen, zum allerersten Mal gibt es eine Stichtagsregelung für einen Spurwechsel, sodass Leute, die bis März diesen Jahres eingereist sind, als Asylbegehrende sozusagen sich als Arbeitskräfte bewerben können. Aber wenn sie Arbeitsverträge vorlegen, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, dann aus dem Asylsystem rüber zu wechseln in den Bereich der Arbeitsmigration. Das zeigt ja, dass auch in Berlin angekommen ist, dass wir hier einfach zur Verbesserung kommen müssen. Aber gleichzeitig bestehen natürlich Probleme weiterhin. Also was die Visavergaben in unseren Auslandsbotschaften anbelangt, das ist für mich so täglich Brot als Mitglied des Petitionsausschusses, wo ich Leute sehe, die nicht nur bei der Einbürgerung hier in Deutschland, sondern wenn sie als Familienmitglieder nach Deutschland nachziehen wollen, sozusagen auch wieder teilweise jahrelang warten müssen, bis sie einen Termin bei einer Botschaft bekommen, obwohl sie nachweislich alle Voraussetzungen erfüllen. Also da haben wir Personalprobleme. Wir müssen unbedingt Bürokratie abbauen. Wir müssen an ganz, ganz vielen Stellschrauben nacharbeiten.

Vielleicht dazu noch zwei Sätze, das Ganze zu bestätigen. Es gibt ein paar Untersuchungen hier in der Region, einmal über die IHK und einmal über die Handwerkskammer. 50 Prozent aller Betriebe in der Region würden gerne Migranten vollkommen losgelöst, wie die hier hingekommen sind, welchen Status sie haben. Sie würden 50 Prozent würden die gerne beschäftigen, wissen aber nicht wie. Und da sagt die Handwerkskammer, ja, die Anerkennungsbürokratie, die stockt noch etwas. Das, was du uns eben erzählt hast, das Stocken ist schon sehr heftig, was ich da aus gelernt habe. Ein Viertel der Betriebe, das sagt ja der Geschäftsführer der IHK in Trier, hat noch nie etwas von Fachkräfteeinwanderungsgesetz gehört. Ein Viertel der Betriebe. Das heißt also, es muss auch noch sehr viel geschehen, Corinna, den Betrieben oder der Wirtschaft klarzumachen, welche Schätze hier vor Ort sind durch Zugewanderte, die man einfach an sich binden kann, wo einfach die Skills fehlen, das zu beschleunigen, die Dinge zu lösen, die du eben angesprochen hast.

Das ist tatsächlich so. Ist ja auch nicht verwunderlich, dass die einzelnen Betriebe keine Kenntnis haben können über all die Gesetzgebungen, die in Berlin auf den Weg gebracht wird. Wir stellen fest, dass es da enorme große Unterschiede gibt, auch was die Branchen anbelangt. Und was ich mir gut vorstellen kann und ich glaube, in der Trierer Ampel wird das auch diskutiert, ein Kompetenz Cluster zu bilden, also die Arbeitgeber zusammenzubringen, die Handwerkskammer, die SWT, die Leute, die im Pflegebereich unterwegs sind und so weiter, gibt es einige, die sehr gut gelernt haben in den letzten Jahren, wie man Prozesse beschleunigen kann, wo die bürokratischen Probleme liegen und das aber so zu bündeln, dass die einzelnen Betriebe sich dieses Know-How abholen können, dabei Unterstützung finden. Und das gilt natürlich auf der anderen Seite dann genauso für diejenigen, die einen Arbeitsvertrag haben möchten, die eine Ausbildung in Deutschland machen wollen. Die brauchen einfach transparente Ansprechstellen, die brauchen eine Unterstützung. Das wäre, glaube ich, ganz, ganz sinnvoll, quasi in so einer Art Nutzenmodell die Problemstellung anzugehen.

Ja, ich habe noch eine Frage an den Shekho, der sitzt schon ganz unruhig hier.

Ja, Thema Arbeit.

Der will noch was sagen. Der will noch was sagen. Ich weiß, dass du in deinem Masterprojekt zurzeit bist, die eine Seite und du arbeitest sehr intensiv in der Refugee Law Klinik mit. Also vielleicht kannst du da das Spannungsfeld mal aufzeigen, was du alles so tust. Und du bist ja gleichzeitig auch noch bei der Caritas beschäftigt. Und für den Kinderschutzbund womöglich auch noch. Ich habe Elke wohl nicht lange nicht mehr getroffen, aber ich denke, sie braucht dich hin und wieder.

Liebe Elke. Ich versuche mich beschäftigt, also ich versuche beschäftigt zu bleiben, sagen wir so. Ich habe mein erstes Studium abgeschlossen. Ich habe ein zweites Studium fast abgeschlossen jetzt.

Was ist dein zweites?

Ich habe Soziologie abgeschlossen und dadurch habe ich die feste Stelle beim Caritasverband. Also ich bin da Vollzeit beschäftigt momentan. Da habe ich parallel dann ein Pädagogikstudium angefangen und bin dabei jetzt abzuschließen. Und ich habe in diesem Wintersemester angefangen, Rechtswissenschaft zu studieren und nachmittags. Wie sagt.

Majusebetter. Wann willst du das alles schaffen?

Ja, ich versuche so nachmittags nach der Arbeit quasi einiges zu machen.

Und nachts, du hast ja nachts.

Auch noch Zeit. Ja, man braucht ja nicht so viel Schlaf. So viel arbeiten...

Dann schreibst du in deinem Buch. Du hast schon einen heftigen Lebenswandel.

Wie gesagt, versuchen quasi beschäftigt zu bleiben, versuchen einfach die ganze Zeit irgendwas zu tun, weil ja, das hilft manchmal. Das hilft. Also ich denke auch für die Psyche ist es auch gut, beschäftigt zu bleiben, nicht irgendwie stehen zu bleiben. Und am Ende jetzt denke ich mir auch jetzt mit der Arbeit, ich habe ja einen Caritasverband als Statue Vollzeitjob und wenn mein Studium nebenbei ja doch nicht funktionieren sollte, jünger als jetzt sechs, sieben Jahre, wenn das zum Nachmittag Projekt nicht klappt, dann habe ich auch nichts verloren. Ich habe ja dann zwei Abschlussforschung bereits. Also ich habe diesen Bonuspunkt. Die Refugee Law Klinik, beziehungsweise Kinder Schutzbund erst mal, da sind wir tatsächlich aus dem Projekt raus. Das Projekt ist zu Ende. Das war so ein fünf Jahre Projekt. Wir versuchen hin und wieder, wenn irgendwo Not ist, wo wir unterstützen könnten. Elke ist die ganze Zeit aktiv, die macht super Arbeit, egal wo Kinder in Not sind, wo.Unterschüttung braucht.

Und sie ist schon 80?

Sie ist älter als 80.

Ja, du kennst sie auch?

Ja, ja, klar. Und ja, insofern ist das mit dem Kinderschutzbund ein bisschen ruhig geworden, gerade unsere Projekt Kultur und Kreativität. Refugee Lawklinik. Ich war viele Jahre da unterwegs, bis ich dann irgendwann 2020 Vorsitzender gewesen war. 21 bin ich dann zurück zu Vorstandmitglied und als Berater bin ich dann regelmäßig. Also stehe ich stehe zur Verfügung jetzt nicht nur für die Klientinnen, sondern auch für meine Kolleginnen, die die Beratung machen. Wenn sie eine Frage haben, dann bin ich für sie dann da. Und wenn ich jetzt wenig aktiv berate mit den Menschen zu sagen, die Beratung an sich mache ich jetzt weniger, vor allem die letzten paar Monaten, weil ich ja sonst ein bisschen beschäftigt war. Aber ich bin ja noch Mitglied in diesem Verein und ich finde es einfach eine hervorragende Aufgabe, was die Leute da machen. Vor allem das sind Studierende, die Uni Trier, die machen das ehrenamtlich, die machen das sozusagen neben dem, was sie an der Uni machen sollten, eigentlich das Studium. Insofern bin ich da gerne auch dabei.

Also es ist doch erfreulich, dass es das gibt. Es ist erfreulich, dass es Leute und Menschen gibt, die neben ihrem Studium oder neben ihrer Arbeit noch so viel Ehrenamt bereit sind zu leisten. Es gibt einem doch Hoffnung, dass die ganze Geschichte doch noch ein gutes Ende nimmt.

Man kann natürlich immer ganz wesentliche Aufgaben einer Gesellschaft aufs Ehrenamt übertragen. Eigentlich sind das aber staatliche Aufgaben und deswegen wundert es mich manchmal, dass das Ehrenamt nicht viel stärker opponiert und sagt: „So, jetzt bitte stellt mal das notwendige Geld zur Verfügung. Und was ich mich gerade gefragt habe, du bist ja 2015 gekommen nach Deutschland. Und du hast gesagt, das mit dem Asylverfahren, das ging damals eigentlich relativ unproblematisch Schriftlich

Man könnte schriftlich Asyl einstellen.

Und das hat sich seitdem verändert.

Also was nimmst du wahr in diesen acht Jahren? Inwieweit ist die Stimmung anders geworden in diesem Land?

Das ist war so, man sieht so intensiv die Gesetzgebungsverfahren, also die Asylpakete, wenn man schaut seit 2015 bis jetzt haben wir fast einmal pro Jahr eine Gesetzänderung. Man kann es einfach anders ausdrücken, eine Gesetzverschärfung. Wir haben Asylpaket eins, Asylpaket zwei, Fachkräfteeinwanderung, Gesetz inzwischen zwei, drei Entwicklungen jährlich. Wir haben Kölner Kölner Gesetz, Berliner Vereinbarung. Es gab wirklich so viele Veränderungen. Das ist alles Verschärfungen. Man hat auch von 2016 bis 2018 quasi das Thema Familiennachzug für die suizidärisch überrechierte Person komplett auf Eis gelegt, dass die Menschen nicht einreisen dürfen. Es sehen nur Verschärfungen tatsächlich und auch wenn man sich bemüht, in Berlin einige Sachen zu verbessern. Also ich nenne gerade das, was eben gesagt wurde, Thema Arbeit. Wir brauchen die Menschen, die arbeiten und auf der anderen Seite haben wir ein Arbeitsverbot. Ja, man will jetzt das kürzen. Man will von neun Monate Arbeitsverbot auf drei, wenn ich mich nicht täusche, runterkommen. Ich finde es trotzdem viel zu viel. Also ich denke an Arbeitsverbot, allein das ist so ein Beispiel im Grunde. Ich erlebe nur Verschärfungen.

Vielleicht dazu zu dem Arbeitsverbot zwei Zahlen. Irgendjemand muss ja die Zahlen auch manchmal weit steuern. In der Region Trier sind 10.000 Arbeitsplätze unbesetzt, weil Fachkräfte fehlen. Das sagt der Jan Glockauer, das ist der Geschäftsführer der IHK. 10.000 Arbeitsplätze unbesetzt, weil Fachkräfte fehlen. Ausbildungsplätze in der Region Trier, da kommt auf jeden Auszubildenden kommen 1,77 Stellen. Das heißt also, rund drei Viertel aller Ausbildungsplätze finden nicht den adäquaten Stellenbesetzer. Das sind die Fakten. Und da steht dann Corinna das Arbeitsverbot gegenüber. Da kann man doch nur... Das kann man nur mit dem Kopf schütteln.

Das können die Zuhörerinnen jetzt nicht sehen. Aber wir schütteln alle. Wir schütteln hier am Tisch alle mit dem Kopf und verstehen es nicht. Und es ist sehr schwierig in den Köpfen. Es gibt ja diese theoretische Erkenntnis. Alle kennen diese Zahlen und alle müssten sich eigentlich einig sein und sagen, also Arbeitsverbote machen keinen Sinn. Es macht auch keinen Sinn, darüber zu diskutieren, ehrlich gesagt, das Asylbewerberleistungsgesetz zeitlich zu verdoppeln. Also von 18 auf 36 Monate, das ist ja die Planung, die wir ja im Moment haben, mit all den Restriktionen, die am Ende des Tages damit zusammenhängen, anstatt ja das, was wir angelegt haben in dem Fachkräftezuwanderungsgesetz zu sagen, wir müssen den Spurwechsel stärken. Also es macht ja überhaupt keinen Sinn. Wir haben ganz viele Menschen, die hier in den Aufnahmeeinrichtungen sind, sei es in Hermeskeil, bei uns in der Dastbachstraße in Trier, da sitzen ja ganz viele Menschen mit Qualifikationen, mit Ambitionen, mit Erfahrungen, die hier gerne arbeiten möchten. Undstatt und anstatt da systematisch durchzugehen, mit diesen Leuten zu reden, mit Unterstützung von Menschen, die die Sprache sprechen, ja herauszufinden, was sind denn eigentlich eure Wünsche? Also wo möchtet ihr arbeiten? Wie können wir euch dabei unterstützen, euch weiter zu qualifizieren? Lässt man diese sämtlichen Ressourcen erst mal über lange, lange Zeit brach liegen? Lässt zu, dass die Leute tatsächlich ja ab einem gewissen Punkt wirklich auch frustriert sind und da Motivation abbauen? Also das müssten wir tun im Gegenteil. Und ich glaube, darüber müssen wir auch laut sprechen.

Definitiv. Also ich sage nur einen Satz zu dem, was du gesagt hast zum Thema Asylbewerberleistung. Also wenn noch Verschärfungen dazu kommen sollten, finde ich nicht nur diskriminierend, finde ich menschenverachtend. Asylbewerb. Dieses Gesetz ist eigentlich so menschenverachtend, dass es kaum möglich ist, dass das noch gilt. Wir haben versucht in Deutschland die gesamte Sozialgesetzbücher. Wir haben bis zwölf Sozialgesetz Bücher und wir packen für Ausländer so einen kleinen Gesetz, was alles an soziale Belange quasi insgesamt darstellen soll. Es ist so menschenverachtend, dass man noch das verschärfen soll, zum Arbeitsverbot in der Afa. Wenn ich jetzt selbst die besten ausgebildeten Deutschen in der Afa quasi innerhalb 18 Monate da stecke, egal wie super sie gebildet und ausgebildet sind, sie werden einfach am Ende durch eine Wand laufen, weil sie einfach das nicht mehr ertragen können. Das Gleiche haben wir auch. Wir haben Menschen, die haben Menschen. Das sind Menschen erstmal. Wir haben erstmal Menschen da. An der zweiten Stelle finde ich, ich frage nicht mehr, was der Mensch machen möchte gerne. Ich frage einfach. Ich habe Menschen, die haben einfach eine Ausbildung. Es ist egal, ob der das machen möchte oder nicht. Der sagt okay, es ist nicht mein Traum, aber ich mache das. Ich will es gerne machen. Es funktioniert aber nicht. Also es ist einfach frustrierend. Es ist erstaunlich. Ich habe es jeden Tag. Ich habe es jeden Tag auf der Arbeit. Ich beantrage Erlaubnis für eine Ausbildungsstelle etc. Es ist regelmäßig eine Ablehnung da. Also es ist Wahnsinn.

Es kann sein, dass unsere Hörer*innen gar nicht so genau wissen, was das mit dem Asylbewerberleistungsgesetz auf sich hat. Also vielleicht kannst du noch mal kurz zusammenfassen, warum das so menschenverachtend ist aus deiner Perspektive.

„Okay, der hat X und Y gemacht, wir verweigern dann die Leistung. Wenn ich einen Arzt besuchen möchte, ich muss im Grunde meinen Kopf über meine Hand tragen und zum Arzt gehen. Ich bin fast tot, dass ich quasi versorgt werde. Man würde glauben, man kommt, irgendwelche OPs durchzuführen und so weiter. Nein, wenn ich wirklich, wenn das nicht extrem akut ist, wird nichts stattfinden. Es gibt keine extra Leistung. Also wenn ich jetzt einen Zahn, also wenn ich einen Zahnbeschwerde habe, ich gehe dahin, man guckt dann, ist das billiger, das komplett wegzunehmen oder irgendwie zu reparieren? Und es ist nicht so, dass jetzt, wenn ich eine Brille brauche, gehe ich dahin, kriege ich eine Brille. Also die Leistungen sind so kürzer und man kriegt diese Leistung quasi im absoluten Notstand. Und nicht nur das, ich finde es noch schlimmer, dass ich diese Leistung bekommen muss im Grunde. Ich kann hier arbeiten, ich brauche hier keine Sozialleistung, ich kann hier arbeiten, aber ich habe hier ein Arbeitsverbot. Insofern bin ich quasi darauf angewiesen, diese Leistung zu beantragen. Also die Menschen nehmen das -also die müssen das quasi in Anspruch nehmen, aber die entscheiden nicht drüber. In vielen Fällen sagen Menschen, ich brauche das nicht. Also das Taschengeld und das ist weit, weit weg nicht ausreichend für eine Mama mit einem Kind, da kannst du es vergessen.

Ja, es gibt ja immer mal wieder mehr von der Einwanderung in den Sozialstaat. Das ist also die, das über alles drüber geschüttet wird. Ja, die kommen, unseren Sozialstaat auszuhöhlen. Da gibt es wunderbare Untersuchungen. Einer davon hat der Heine der Haas, ein Holländer geschrieben, der hat also dazu gesagt, ich zitiere das einfach mal. "Migranten sind keine Bürde für den Steuerzahler, sondern eine Stütze des Sozialstaates. Zuwanderung ist keine Gefahr, sondern unentbehrlich für den Erhalt des Gesundheitswesens und die Betreuung von Kindern und Alpen vor allem in stark liberalisierten Volkswirtschaften, zu denen wir jetzt Gott sei Dank nicht so gehören. Mit einem schwachen Sozialstaat wie Spanien und Italien ist die Zuwanderung unbedingt erforderlich." Einfach den Sozialstaat zu erhalten. Es ist schon seltsam, dass wir uns hier immer anmaßen zu behaupten, Migranten kommen, den Sozialstaat auszunutzen, die soziale Hängematte zu nutzen. Eigentlich kommen all diejenigen, die hierhin kommen, doch in erster Linie, zu arbeiten, sich ihr Leben selbst finanzieren zu können. Und da ist die Familie von Shekho und all die, die ich kenne davon, die sind also davon ein Musterbeispiel, par exzellence, die sind alle am Arbeiten. Ich glaube, ihr habt mittlerweile mit Sicherheit mehr in den deutschen Steuersäckel hinein geschoben, als ihr jemals davon bekommen habt. Das ist so mein Gefühl. Und das sollte man sich einfach immer mal wieder vor Augen führen. Was bringen uns die Menschen, weil wie sie uns bereichern nicht nur in der kulturellen Identität, sondern auch in unseren finanziellen Möglichkeiten? Also das wird viel zu selten und viel zu wenig gesehen. Was meinst du?

Ja, ich sehe das hundertprozentig so und dann kann man diese ganze abstrakte Diskussion auch noch mal erden und sagen, das Asylbewerberleistungsgesetz hat für die Geflüchteten, die aus der Ukraine gekommen sind, nach Februar 22 ja nicht gegolten. Ja, sondern da hat man gesagt, wir schaffen den Zugang ins SGB II, wir brauchen für die gar nicht so Sondergesetze, die hatten keine Residenzpflicht, die konnten bei Verwandten und Bekannten unterkommen, die durften direkt arbeiten etc. Das hat sich bewährt. Das hat sich auch in der öffentlichen Diskussion bewährt, weil natürlich ist das herausfordernd, weil viele junge Leute gekommen sind mit Kindern, wo man sagen muss, unsere Kitas und Schulen sind ohnehin schon unterfinanziert. Wir müssen viel mehr für unsere Infrastruktur tun. Aber davon abgesehen hat sich das bewährt, den Leuten einfach zuzutrauen, dass sie in der Lage sind, den Versuch zu unternehmen, hier für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen zu können. Und ich kann mal sagen, für die grüne Bundestagsfraktion in Berlin ist es so gewesen, dass wir gehofft haben, zu diesem Zeitpunkt, als man sich gesetzgeberisch entschieden ist, nicht mehr den Umweg über das Asylbewerberleistungsgesetz zu gehen, dass diese Erfolge dazu führen würden, dass man den Geltungsbereich auch auf die anderen Fluchtgruppen ausdehnen würde. Und das hat sich jetzt natürlich überhaupt nicht so dargestellt. Aber ich glaube eben, dass es im Moment leider so ist, dass wenig über Fakten diskutiert wird und wenig über konstruktive Lösungsvorschläge diskutiert wird, sondern dass im Moment im Kern an ganz vielen Stellen rassistisch argumentiert wird.

Und ich glaube, da haben wir den Auftrag, als Demokratinnen und Demokraten, dem wirklich energisch etwas entgegenzusetzen aus den Gründen, die Alf ja hervorragend dargestellt hat. Es wäre nämlich dumm, auf diesem Pfad weiterzugehen, weil wir sind nicht das Land, in das gerade Arbeitsmigranten Fachkräfte zuallererst gehen. Also viele Leute, die sich dafür entscheiden, ihren Wohnsitz in ein anderes Land zu verlagern, gucken zunächst mal in die USA, die gucken nach Kanada, aber die gucken gewiss nicht nach Deutschland. Das heißt, wir stehen auch in einem internationalen Wettbewerb, wenn man ganz ehrlich ist. Und da helfen uns solche Diskussionen, die uns immer weiter ins rechte Abseits führen, natürlich überhaupt nicht weiter.

Ja, das war schon fast ein kleines Plädoyer. Ich bin sehr froh, dass der Shekho uns hier wirklich so ausgiebig Rede und Antwort gestanden hat und deutlich gemacht hat, welche Sorgen jemand, der schon eine so lange Biografie hier in Deutschland mit sich bringt, immer noch hat. Nach acht Jahren noch keine Einbürgerungsurkunde in der Hand. Nach acht Jahren trotz intensiver Ehrenamtstätigkeit, trotz Integration, trotz besten beruflichen Aussichten und beruflichen Erfolgen immer noch Probleme hat. Das zeigt das ganze Problem wirklich in seiner ganzen Deutlichkeit auf. Und ich kann nur hoffen, dass es uns gelingt, da eine bessere Handschrift an den Tag zu legen. Die bisherige ist noch nicht perfekt und sie ist weit davon entfernt. Und wenn ich all die Zahlen sehe, wie die Zukunft sich abspielen wird, wie viele Fachkräfte, wie viele Menschen wir brauchen, die von außen, die nur von außen kommen können, die im Inland gar nicht sind, dann ist es unumgänglich, dass wir uns in einer ganz anderen Richtung bewegen müssen, umdenken müssen, ja, die Zukunft besser anpacken. Das, was im Moment abgeht, ist so nicht lösbar. Falsch. Nicht lösbar ist falsch, aber das, was im Moment in Deutschland abgeht, ist mit Sicherheit negativ für unsere Entwicklung.

Und ich finde, wir kommen ja, Alf... Ich habe den Eindruck, wir binden ab jetzt. Also wir sind sozusagen auf den letzten Metern. Dann würde ich dir, Shekho, doch noch mal die Gelegenheit geben, vielleicht einen Appell nach Berlin loszuwerden.

„Okay, wir wollen uns in Deutschland schützen. Wir müssen mit den Menschen reden. Wir haben ja diesen Zitat von Max Frisch, da sind Menschen am Ende. Und einmal bedenken, die Humanität-Gedanke, das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren. Das ist das Wichtigste, glaube ich.

Kannst du uns auch noch ganz zum Schluss deine persönlichen Träume mitteilen? Was wünschst du dir am meisten? Im Moment also mal nur für dich.

Nicht zu Weihnachten, oder?

Nicht zu Weihnachten. Nein, wir wissen ja gar nicht, ob das Weihnachten schon. Online ist.

Ja, also ich will nicht so deprimierend klingen, aber ich habe tatsächlich keine Träume. Also ich will einfach leben. Das ist gut.

Das ist natürlich ein super Abbinder, weil so heißt ja der Podcast, in dem du dich hier befindest. Einfach leben.

Fakt. Also wirklich einfach Sicherheit und einfach Leben. Das ist es.

Sehr gut. Ja, danke.

Und was ich gerne noch machen würde am Ende. Ich weiß nicht, Alf, ob du das teilst. Ich würde gerne von dir aus erst mal dir danken, Shekho, dass du hier gewesen bist. Ich würde gerne Samy danken, dem wir gerade zugeschaltet haben. Aber ich würde gerne allen Arbeitskräften, allen Fachkräften, allen pflegenden Angehörigen, allen Menschen, die aus dem Ausland zu uns gewandert sind und die hier einen ganz wichtigen Beitrag leisten in unserer Gesellschaft, danken und ihnen an dieser Stelle alles, alles Gute wünschen und hoffe, dass wir gemeinsam daran arbeiten, dass sich die Lage verändert und auch dem Letzten klar wird, dass wir Zuwanderung brauchen und dass wir uns darüber freuen, dass sie alle da sind.

Vielen Dank.

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